Am Tag 1 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Ihnen Priscah Habben vor:

„Vertraue der Expertin in Dir! Sie ist Dein Anker und lässt Dich authentisch und sicher auftreten.“

Interview mit Priscah Habben

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Priscah Habben und ich bin Psychologin von Beruf. Ich stamme ursprünglich aus Kenia und lebe seit 2005 in Deutschland. Geprägt haben mich sowohl besondere Ereignisse als auch Begegnungen. Der Umzug nach Deutschland war für mich als junges, schüchternes Mädchen aus einfachen Verhältnissen natürlich ein großer Schritt. Doch wenn ich weit zurück in meine Kindheit blicke, erinnere ich mich an einen Traum, den ich als vier- vielleicht fünfjähriges Mädchen hatte und der wohl am prägendsten für meine Berufswahl war. Dazu später mehr. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch ein Familienaufenthalt bei einer entfernten Tante. Sie kannte mich kaum, doch sie machte meinen Eltern klar, dass man die kleine, unscheinbare Priscah keinesfalls unterschätzen dürfe. Diese Erfahrung hat mich gestärkt.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Das geht auf meine Kindheit zurück. Als ich ca. fünf Jahre alt war, hatte ich einen Traum. In diesem Traum waren meine Familie und ich auf einer wunderschönen Reise. Als ich erwachte, erzählte ich meinem Bruder von diesem Traum, konnte mich jedoch nicht mehr an das Reiseziel erinnern. Ich bat ihn, es mir zu sagen, da er auch in meinem Traum war, aber er antwortete, dass mein Traum nur mir gehörte und wenn ich ihn nicht erzählen könnte, würde niemand davon erfahren. Von diesem Moment an verspürte ich den starken Wunsch, anderen zu helfen, das auszudrücken, was in ihnen schlummerte; der Wunsch, Menschen zu helfen, ihre Sprache zu finden und sich mitzuteilen, keimte in mir und begleitete mich mein ganzes Leben lang. Welches Berufsbild passte besser zu diesem Wunsch als das der Psychologin? So kam es dazu.

  • Wie fanden Sie die Ausbildung? Welche Erinnerungen haben sie an die Ausbildungszeit?

Meine Ausbildungszeit bestand aus zwei Phasen: Zunächst musste ich die Hochschulzugangsberechtigung am Studienkolleg erlangen, bevor ich mit dem Psychologiestudium beginnen konnte. Diese Zeit war herausfordernd, da ein Dozent den Studierenden das Leben schwer machte und mich dazu brachte, aus pragmatischen Gründen meine Fächerkombination zu ändern. Das Psychologiestudium verlief dagegen, abgesehen von den anfänglichen Sprachschwierigkeiten, sehr gut. Ich war äußerst motiviert und engagiert, und das Studium bereitete mir wirklich Freude, weil ich die Inhalte erlernen konnte, die ich mir immer gewünscht hatte.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Nach meiner Ausbildung hatte ich keine Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Ich konnte mich stets durch meine Leistungen empfehlen, vom Praktikum zum ersten Job und dann zum nächsten. Allerdings machte mir anfangs eine Sache Sorgen: Ich fürchtete, dass einige Klienten mich aufgrund meiner Hautfarbe nicht akzeptieren würden, denn als Psychologin dringt man in die Intimsphäre der Menschen ein, die man begleitet. Doch bisher hat alles gut funktioniert, vor allem, weil ich beschlossen habe mich und meine Klienten als Menschen zu sehen und nicht als (haut) Farbe. Mit dieser Einstellung und die Unterstützung meiner Vorgesetzten, Kollegen und Familie, bin ich gut gefahren.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die von einer Karriere als Psychologin träumen?

In meiner aktuellen Funktion als Betriebspsychologin habe ich hauptsächlich mit Führungskräften zu tun, oft selbstbewussten Personen. Wenn man bedenkt, wo ich geboren und aufgewachsen bin, reicht Mut allein nicht aus, um sich in solchen Kreisen zu behaupten. Das Erlangen von Bildung und Kompetenz ist unabdingbar. Ich verlasse mich stets auf mein Fachwissen und meine Kompetenz, die ich immer erweitere und aktualisiere, was mir das nötige Selbstvertrauen verleiht, um entsprechend aufzutreten. Für mich ist es entscheidend, dass alles, was ich tue, mit dem Anspruch erfolgt, darin eine Expertin zu sein, ohne meine Authentizität zu verlieren. Auf diese Expertise kann ich mich stets verlassen. Mein Rat an junge Frauen und Menschen wäre daher, Expertin auf dem eigenen Gebiet zu werden und dem Fachwissen, das man besitzt, zu vertrauen und stets authentisch zu sein. Werde zur Expertin auf deinem Gebiet und vertraue der Expertin in dir!

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Nun, ich habe das Glück, einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht und mich begeistert. Da fällt es mir nicht schwer, mich zu motivieren. Dennoch ist es wichtig, bei meinem Arbeitspensum darauf zu achten, dass ich körperlich fit bleibe. Wie viele andere treibe ich regelmäßig Sport und halte mich an ein festes wöchentliches Fitnessprogramm. Zusätzlich gönne ich mir regelmäßig Auszeiten allein, mit meiner Familie oder mit Freunden. Besonders effektiv kann ich im Alltag abschalten, indem ich mich mit einem spannenden Buch, Hörbuch oder Podcast beschäftige oder Musik höre.

Am Tag 1 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Virginie Kamche vor:

„Mach Dich stark für Deine Ideen“

Für ihr über 20-jähriges Engagement für interkulturelle Öffnung und ihre Rolle als Sprachrohr der afrikanischen Community in Bremen wurde Virginie Kamche 2019 mit dem Bremer Diversity Preis ausgezeichnet.

Interview mit Virginie Kamche

  • Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen und ein paar Worte zu Ihrer Person sagen?

Ich komme aus Kamerun und bin Fachpromotorin für Migration, Diaspora und Entwicklung in Bremen. Ich habe Bauwesen und Informatik in Frankreich und Bremen studiert. Ich leite heute die AG Migration und Vielfalt der SPD Bremen und den Sprachenrat. Ich habe den Verein Afrika Netzwerk Bremen e. V. im Jahr 2010 mitgegründet, nachdem ich bei meiner Ankunft in Deutschland mit Ungerechtigkeit, Rassismus und Diskriminierung konfrontiert wurde. Das Ziel des Vereins war es, eine Plattform zu bieten, die Afrikaner:innen in der Stadt zusammenbringt, um ihnen zu helfen, ihre Rechte zu verteidigen.

2014 beendete ich mein Referendariat und arbeitete einige Jahre als Lehrerin an einem Gymnasium in Bremerhaven. Außerdem bin ich Mutter von zwei Kindern. Seit 2017 bin ich Fachpromotorin für Migration, Diaspora und Entwicklung in Bremen. In dieser Position geht es darum, die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in der Gemeinschaft der Migranten zu fördern.

  • Was waren die Beweggründe für Ihr Engagement?

Ziel war es, die Community zusammenzubringen, um gemeinsam über unsere Probleme zu diskutieren und Lösungen zu finden. Ich sehe mich in erster Linie als Mensch, als Teil der Weltgemeinschaft. Ich liebe die Menschen, unabhängig davon, wo sie herkommen. Deshalb beschränkt sich mein Engagement nicht nur auf die afrikanische Gemeinschaft. Ich arbeite zum Beispiel eng mit bulgarischen, indonesischen, indischen und anderen migrantischen Communities zusammen. So konnten wir gemeinsam mit dem Focke-Museum in 2019 das erste Bremer Festival der Kulturen initiieren.

  • Beschreiben Sie Ihren typischen Tag bei der Ausübung Ihres Berufs.

Mein Arbeitstag beginnt normalerweise sehr früh am Vormittag. Ich habe eine Funktion, in der ich viel zuhören muss. Es kommt nicht selten vor, dass ich schon um sechs Uhr morgens angerufen werde. Dann geht es weiter mit Besprechungen und der Bearbeitung von Anfragen per E-Mail. Und manchmal bin ich bis Mitternacht damit beschäftigt. Um Migranten zu erreichen, organisiere ich regelmäßig kulturelle Veranstaltungen wie den Tag der Muttersprache, das Festival der Kulturen oder den Diaspora-Preis. Das Ganze ist zwar eine Menge Selbstverzicht, aber ich habe Spaß an der Arbeit. Noch motivierter bin ich, wenn ich die konkreten Ergebnisse dieser jahrelangen Arbeit sehe, wie zum Beispiel die Möglichkeit, jungen Migranten Praktikumsplätze anzubieten.

  • Haben Sie sich schon einmal so entmutigt gefühlt, dass Sie aufgeben wollten?

Oh ja! Sehr oft (lacht). Der Kampf gegen Diskriminierung bringt mit sich, dass wir mit vielen Formen von Diskriminierung konfrontiert werden. Es ist nicht einfach, mit Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenzuarbeiten. Man muss Überzeugungsarbeit leisten, Rückschläge und Enttäuschungen einstecken. Zum Glück gibt es auch viele positive Aspekte. 

  • Wie und woher haben Sie die Motivation und die Kraft genommen, trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen?

Ich freue mich über kleine Erfolge. Wenn ein Jugendlicher sagt, dass er dank uns einen Praktikumsplatz bekommen oder seine Mathe-Note verbessert hat, oder eine Frau wertschätzt, dass sie dank uns, Erfahrung im Einzelhandel gemacht hat, weil es ihr Traumberuf ist, erfreuet es mich. Das motiviert mich zusätzlich und bestärkt mich darin, dass sich mein Einsatz lohnt. Viel Geduld bringe ich auch mit. Und die braucht man für diesen Job. Ich bin auch froh, dass ich von der Stadt Bremen unterstützt werde. Auch mein Eintritt in die SPD und mein politisches Engagement haben sich durch diese Arbeit ergeben. Ich beabsichtige, bei der nächsten Wahl für das Abgeordnetenmandat zu kandidieren.

  • Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Ihr Engagement mit dem Wissen von heute noch einmal zu beginnen, was würden Sie anders machen?

Als der Verein gegründet wurde, versuchte ich, so viele Menschen wie möglich für meine Idee zu gewinnen. Das Wichtigste für mich war, so viele Leute wie möglich im Verein zu haben. Heute, mit der Erfahrung, die ich gesammelt habe, würde ich anders handeln. Ich würde mehr Wert auf die Qualität der Personen legen, mit denen ich meine Projekte auf die Beine stellen möchte. Ich würde mich in erster Linie davon überzeugen, dass die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten möchte, von den gleichen Werten motiviert sind wie ich selbst und dass sie verstehen, was auf dem Spiel steht.

  • Was würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Sie braucht Selbstvertrauen, Wertschätzung, Sichtbarkeit, Solidarität und Vertrauen in ihre Arbeit. Wenn sie eine Idee hat und von ihr überzeugt ist, muss sie sich für sie einsetzen. Nichts fällt einem in den Schoß. Ich möchte jungen Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund zeigen, dass es eine Frau wie sie gibt, die ihnen ähnlich ist und es auch einiges auf den Weg gebracht hat.

Am Tag 1 unserer Kampagne in Hamburg, stellen wir Ihnen Georgina Fakunmoji vor:

Don’t believe the Hype, nur, weil er so laut und dominant ist.

Interview mit Frau Georgina Fakunmoju

  • Können Sie sich in wenigen Worten vorstellen?

Das ist gar nicht so einfach, denn sonst bin ich immer die Person die Fragen stellt, ich bin nämlich Journalistin. Ich bin Georgina, 42 Jahre alt und komme aus Berlin. Mein Vater ist aus Nigeria und meine Mutter weiße Deutsche. Außerdem arbeite ich beim Norddeutschen Rundfunk als Journalistin, bei DAS!, einer Live Talk-Sendung. Zusätzlich habe ich einen Literatur-Podcast, der Name: My POC Bookshelf. Im Podcast stelle ich Autor*Innen of Color aus Deutschland, Afrika und der afrikanischen Diaspora, vor.

  • Warum haben Sie sich damals für diesen beruflichen Werdegang entschieden?

Ich habe schon immer gerne gelesen. Ich war in der Schule tatsächlich die erste, die lesen konnte. Wenn wir als Klasse die Aufgabe hatten, Geschichten von zwei Seiten zu schreiben, habe ich meistens zehn geschrieben.
Als Kind wollte ich immer Schriftstellerin werden. Später wollte ich Print-Journalistin bei einer Zeitung werden, doch im Laufe der Zeit wurde mir bewusst, dass es noch ganz andere Sparten im Bereich der Medien gibt. Zum Beispiel das Radio, die Online-Arbeit oder das Fernsehen, bei letzterem bin ich dann gelandet.

  • Was waren denn Ihre größten Herausforderungen auf dem Weg zur TV-Journalistin?

Es waren die Zugänge, ich komme aus einer Familie, in der es nicht selbstverständlich ist Journalistin zu werden. Ich bin die erste, die das Abitur gemacht hat in meiner Familie und ich bin immer bei all dem was ich machen wollte hartnäckig gewesen. Ich war gut in dem was ich mache und habe durch mein Grundselbstvertrauen die Dinge die ich tue niemals angezweifelt.
Viele bekommen beispielsweise keine Hochschulempfehlung, weil sie eine Migrationsgeschichte haben, das war bei mir zum Glück nicht der Fall.
Obwohl ich aus einer Hochhaussiedlung komme, bin ich in einer Villengegend in die Schule gegangen. Somit hatte ich eine sehr gute Schulbildung. Die Probleme kamen erst mit der Zeit an der Universität. Dort habe ich ganz schnell festgestellt, dass ich eine der einzigen People of Color war. In mir kamen Fragen auf wie: Wieso sind die anderen People of Color nicht mehr dabei? Weshalb bin ich nur von weißen Menschen umgeben. Von unserem Professor kamen dann auch immer mehr Zuschreibungen. Ich saß mit meiner deutsch-iranischen Freundin in der ersten Reihe des Hörsaals und wir wurden gefragt, ob wir Deutsch sprechen können. An der Universität wurden verschiedene Themen nicht angesprochen, bei denen ich wusste das es nicht nur die eine Wahrheit gibt. Was mich unglaublich sauer gemacht hat und mir sehr viel Energie gekostet hat, war das ständige droppen des N-Worts der Dozent*Innen und die permanente Reproduzierung von Rassismen. Und das im Unibetrieb, wo es ja eigentlich heißt hier ist Bildung am Start. Bei all dem trotzdem dran zu bleiben und nicht alles hin zu schmeißen, war die größte Herausforderung.
Eine weitere Herausforderung war das mir Kontakte fehlten und mir somit Zugänge verwehrt blieben. Es öffneten sich mir aber Türen mit Hilfe eines Programms, so wurden meine Talente gesehen und meine Arbeit wertgeschätzt.

  • Hatten Sie Mentoren?

Meine Mutter war ein großer Teil, in meinem Leben der immer an mich geglaubt hat und versucht hat alles für mich möglich zu machen.
Ein starker Familienzusammenhalt ist sehr wichtig aber auch der Austausch außerhalb der Familie mit Gleichgesinnten. Unter Menschen, die einen verstehen kann Zuspruch gefunden werden. Es ist so schwierig zu sagen vertraue in dich selbst, und du schaffst das alles. Weil es ist erdrückend ist, was da draußen unterwegs ist.
Was mir ebenfalls geholfen hat, ist nach Vorbildern und Hilfen in Büchern und Kinderbüchern zu suchen. Um zu erfahren, dass es viele starke Vorbilder gibt und um eine andere Realität über uns zu erfahren, nicht nur die, die es von weißer Seite über uns gibt.

  • Wer sind Ihre Vorbilder?

Ich habe so viele Menschen, die mich inspirieren, mit dem was sie machen. Es ist die Connection zwischen den Biografien von Menschen, die an ihre Grenzen gegangen sind oder Sachen geschafft haben, die für sie nicht vorgesehen waren. Ein Vorbild ist für mich auch eine Putzhilfe, wie meine Nachbarin die jeden Tag, dreißig Jahre lang an der Universität geputzt hat. Aus all den Geschichten kann ich eine gewisse Resilienz, eine Widerstandskraft für mich herausziehen, die mir ganz viel gibt.

  • Welche 3 Tipps würden Sie jungen Schwarzen Mädchen mitgeben?

„Don’t believe the Hype, nur, weil er so laut und dominant ist.“ Damit meine ich glaube nicht alles was dir über uns erzählt wird.
„Bleibe bei der Sache, wenn du weißt was du machen möchtest. Mache es immer wieder, denn dadurch wird wird sich irgendwo eine Tür öffnen.“
„Stärke dich mit Menschen, denn man kann es nicht alleine schaffen, man wird dadurch krank. Wir sind alle in diesem weißen System, also suche dir deinen ride or die circle. Safe Space heißt nicht unbedingt immer, dass es ein „Schwarzer“ Space ist. Fühl da rein, such dir Leute, die dir positive Energie geben und keine negative.