Am Tag 6 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Brenda Davina vor:

Arbeite an Deinen Schlüsselkompetenzen und vertraue stets Deinem Instinkt!

                                                             Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Brenda Davina

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Brenda Davina und ich bin in Hannover geboren und aufgewachsen. Meine Eltern stammen ursprünglich aus Ghana und ich bezeichne mich als Schwarze Deutsche. Ich bin Zwillingsmutter und lebe mit meiner Familie in Hannover. Von Beruf bin ich Sozial- und Bildungswissenschaftlerin und seit letztem Jahr als wissenschaftliche Koordinatorin für das Thema „Koloniales Erbe“ für die Landeshauptstadt Hannover tätig. In dieser Funktion verfolge und initiiere ich die Aufarbeitungsprozesse der kolonialen Bezüge der Stadt Hannover. In Kooperation mit dem Beirat „Dekolonisierendes Erinnerungskonzept“ soll ein gesamtgesellschaftlicher Prozess angestrebt werden, um zukünftig Rassismus besser zu bekämpfen und Strukturen für mehr Empowerment und Partizipation zu etablieren. Eine Sache, die mich besonders auszeichnet, ist die Liebe zu meiner Heimatstadt Hannover: Ich bin bekennende Hannoveranerin und kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben. In meinem bisherigen Leben haben mich viele Menschen, Erlebnisse und Erfahrungen inspiriert und nachhaltig geprägt. Wenn ich eins hervorheben sollte, dann diesen Satz, den ich in einer beruflichen Orientierungsphase gelesen habe und der mich über die Themen, mit denen ich mich bereits seit dem Studium und auch jetzt beruflich beschäftige, nachdenklich gemacht hat: „Man spricht über mich in Räumen, die ich noch nie betreten habe“. Es sagt viel über Partizipation und Repräsentation bestimmter Gruppen in unserer vielfältigen multiethnischen Gesellschaft aus und spielte eine sehr große Rolle in meiner beruflichen Orientierung.

  • Wie kamen Sie zu diesem Beruf der Sozial- und Bildungswissenschaftlerin?

Zum Studium der Sozialwissenschaften bin ich durch Zufall gekommen. Wie viele junge Menschen wusste ich nach dem Abitur noch nicht genau, was ich werden wollte. Zuerst habe ich mich für ein technisch orientiertes Studium eingeschrieben. Das lief nicht so gut, denn neben den inhaltlichen Schwierigkeiten hatte ich Heimweh. Ich fühlte mich in der neuen Stadt und auf dem Campus nicht gut aufgenommen. Aus Spaß belegte ich einen Französischkurs an der Uni – Sprachen haben mich schon immer begeistert. In diesem Kurs lernte ich eine Studentin kennen, die mich zu den Sozialwissenschaften brachte. Sie studierte Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Interkulturalität, und genau diese Themen haben mich mein ganzes Leben begleitet. Ich leitete sofort die nötigen Schritte für den Studienfachwechsel ein. Es war gar nicht so einfach, einen Studienplatz zu bekommen, weil es ein NC-Fach war.  Nach meinem Bachelor habe ich ein paar Jahre im sozialen Bereich gearbeitet und schnell festgestellt, dass ein Master mir bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bieten würde. Ich hätte gerne an das Thema meiner Bachelorarbeit über die Lebenswelten und Erfahrungen Schwarzer Menschen in Hannover anknüpfen wollen, fand aber einen Master in Sozialwissenschaften nicht besonders attraktiv, weil zu theorielastig. Ich wollte einen praktischen Beitrag zur Aufklärung der Gesellschaft leisten, weg von der Opferrolle hin zur aktiven Gestaltung. So entschied ich mich den Master in Bildungswissenschaften.

  • Wie blicken Sie auf die Ausbildungs- bzw. Studienzeit zurück?

Meine Studienzeit war ok, wobei ich die Bachelorphase eher als durchwachsen bezeichnen würde. Vor allem die Auswahl der Studierenden hat mich gestört, denn nicht nur, dass ich in meinem Jahrgang in einem Studienfach mit Schwerpunkt Interkulturalität die einzige schwarze Studentin war, hinzukam, dass einige Studierende aus meiner Sicht wenig interkulturelle Kompetenz besaßen. Nicht selten wurde ich mit klassischen, alltagsrassistischen Äußerungen konfrontiert, die mich dazu veranlassten, das Zulassungsverfahren in Frage zu stellen. Wie bereits erwähnt, fühlte ich mich nicht gut aufgenommen. Es dauerte eine Weile, bis ich Freunde fand und eine Lerngruppe bilden konnte. Das Masterstudium hingegen verging wie im Flug, ich war wieder zu Hause und fühlte mich wohler. Inhaltlich war es sehr anregend, es hat Spaß gemacht.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Ein Professor hat uns im Bachelorstudium mal im Scherz gesagt, dass wir wahrscheinlich alle Taxifahrer werden. Soviel zu den prognostizierten Arbeitsmarktchancen für Soziolog*innen. Die Aussichten waren also nicht besonders vielversprechend. Nach dem Bachelorabschluss gab es durchaus Jobopportunitäten überwiegend mit Schwerpunkt in der sozialen Arbeit. Dies passte nicht ganz zu meinen Interessen und Vorstellungen. Ich machte dann noch den Master und arbeitete nach dem Masterabschluss einige Jahre freiberuflich als Bildungsreferentin. Ich habe Workshops bei Bildungsträgern gegeben, aber auch bei Institutionen wie der Polizei. Das war die Ebene, auf der ich agieren wollte. Diese Jobs haben auch auf einer ganz persönlichen Ebene dazu beigetragen, mein Auftreten zu verbessern. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Ich musste selbst-reflektiv erkennen, dass mein Umgang in den Konfliktsituationen in meinem vorherigen Job nicht gut war. Ich hätte für mich und meine Themen selbstbewusster eintreten müssen.

  • Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen?

Fachkompetenz allein reicht oft nicht aus, um beruflich erfolgreich zu sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein überzeugendes und sicheres Auftreten sowie Schlagfertigkeit zu den wichtigsten Softskills gehören, um sich im Berufsalltag zu behaupten, insbesondere als junge schwarze Frau. Die gute Nachricht ist, dass man diese Fähigkeiten trainieren kann, wenn sie bei einem nicht besonders ausgeprägt sind. Arbeite an deinen Soft Skills und vertraue deinem Instinkt! Dein Weg mag verschlungen und nicht geradlinig erscheinen, aber es ist dein Weg: „Trust the process!“

Am Tag 5 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Siphilisiwe Ndlovu vor:

Umgib Dich von Menschen, die in die gleiche Richtung schauen und baue Dir ein starkes Netzwerk, auf das Du Dich verlassen kannst!

                                                              Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Siphilisiwe Ndlovu

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Siphilisiwe Ndlovu und ich komme aus Simbabwe. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Derzeit bin ich im Rahmen meiner Arbeit bei der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen (amfn e.V.) als Leiterin der Regionalstelle Nord des Bundeselternnetzwerks tätig. Unsere Hauptaufgabe im Netzwerk besteht darin, Eltern mit Migrationshintergrund durch Ressourcen und Angebote zu unterstützen, um ihre Rolle zu stärken und ihre Kinder in deren Schullaufbahn zu begleiten. Zusätzlich bin ich Vorstandsmitglied des Bundeselternnetzwerks und engagiere mich ehrenamtlich als Gründerin der Bildungsplattform, Training Women of Excellence (TWOE). Das Ziel dieser Plattform ist es, junge Frauen und Mädchen über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren, insbesondere im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Ein besonders prägendes Erlebnis für mich war, als ich feststellen musste, dass meine ausländischen Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt wurden. Plötzlich stand ich ohne erlernten Beruf da und hatte nichts mehr. Das hat mich zwar erschüttert, aber ich beschloss, mich davon nicht demotivieren zu lassen und hier in Deutschland noch einmal zu

  • Warum haben Sie sich für den Beruf der Sozialarbeiterin entschieden?

Ursprünglich habe ich in Simbabwe Betriebswirtschaft studiert und mich auf eine klassische Karriere in der Privatwirtschaft vorbereitet. Als ich dann nach Deutschland kam, wurden meine Abschlüsse nicht anerkannt, was mich dazu zwang, mich neu zu orientieren. Das Studium der Sozialen Arbeit war die einzige Option, die mir zur Verfügung stand, und obwohl ich anfangs skeptisch war – da diese Ausbildung in meinem Kulturkreis nicht besonders angesehen ist – entdeckte ich in diesem Bereich meine Leidenschaft. Schon immer war ich sozial engagiert und habe in zahlreichen gemeinnützigen Initiativen und Organisationen gearbeitet. In dieser Zeit erkannte ich das immense Potenzial, das ein Studium der Sozialarbeit bietet. Letztlich erwies sich meine Entscheidung für dieses Studium als die beste für meine berufliche Entwicklung, obwohl sie zunächst eher pragmatischer Natur war.

  • Wie blicken Sie auf Ihre Ausbildungs- und Studienzeit zurück? Wie fanden Sie das Studium?

Trotz anfänglicher Herausforderungen mit der Sprache und den für mich ungewohnten Arbeitsweisen und Strukturen, die neben dem reinen Wissens- und Kompetenzerwerb entscheidend für meinen akademischen Erfolg waren, erinnere ich mich sehr positiv an meine Studienzeit. Ich fühlte mich sowohl von den Dozent:innen als auch von meinen Kommiliton:innen gut aufgenommen und unterstützt. Obwohl wir insgesamt nur zwei PoC (Persons of Color) auf dem Campus waren und ich hätte mich isoliert fühlen können, habe ich jedoch keine Diskriminierung oder Ausgrenzung erlebt. Meine offene und fröhliche Art hat mir auch dabei geholfen. Alles in allem hatte ich eine schöne Studienzeit, die mich auf meine zukünftige Arbeit im sozialen Bereich super vorbereitet hat, aber auch als Mensch sehr positiv geprägt hat.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Ich musste nicht lange nach einem Job suchen. Noch bevor ich mein B.A.-Studium abgeschlossen hatte, hatte ich bereits meine erste feste Anstellung bei einem der größten Träger der sozialen Arbeit, der Stadt Hildesheim. Durch meine ehrenamtliche Arbeit war ich sehr gut vernetzt und hatte gute Kontakte zu vielen Organisationen und Akteuren. Die gesammelten Erfahrungen haben mein fachliches Profil geschärft und meine Schlüsselkompetenzen gestärkt, was sich positiv auf meinen Lebenslauf ausgewirkt hat. Dies hat meinen Berufseinstieg erheblich erleichtert, da ich bereits umfangreiche Erfahrungen aus nicht beruflichen Kontexten mitbrachte.

  • Was würden Sie jungen Frauen raten, die mit dem Gedanken spielen, Sozialarbeiterin zu werden?

Junge Frauen, die darüber nachdenken, Sozialarbeiterin zu werden, möchte ich ermutigen, diesen Berufsweg einzuschlagen. Insbesondere in der Afro-Community ist die Sozialarbeit leider nicht weit verbreitet, was sich möglicherweise mit mangelnden Kenntnissen über das breite Arbeitsmarktpotenzial erklären lässt. Es ist wichtig, die Unterrepräsentation von Schwarzen in diesen Berufsfeldern und insbesondere in Führungspositionen zu verringern. Ein Schlüsselfaktor, der mir persönlich bei beruflichen Herausforderungen immer geholfen hat, ist mein starkes Netzwerk. Durch meine offene Art konnte ich schnell wertvolle Kontakte knüpfen und mich erfolgreich vernetzen. Diese Fähigkeit war nicht nur während meines Studiums von Vorteil, sondern auch beim Berufseinstieg und bei allen anderen Aktivitäten. Meine Botschaft wäre: Umgebt euch mit Menschen, die ähnliche Ziele verfolgen, und baut euch ein starkes Netzwerk auf, auf das ihr euch verlassen könnt. Ein solches Netzwerk ist sehr wertvoll für eure persönliche wie berufliche Entwicklung.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Meine persönlichen Erfahrungen mit Überarbeitung haben dazu geführt, dass ich mittlerweile sehr achtsam mit mir selbst umgehe. Es ist mir wichtig, Zeit für mich zu haben, die ich stets versuche, sehr abwechslungsreich zu gestalten. Am liebsten widme ich mich dem Lesen, denn dabei kann ich sehr gut abschalten.

Am Tag 4 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Mana Atiglo vor:

Nichts ist unmöglich, wenn du an deine Stärke und Fähigkeiten fest glaubst.

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Interview mit Mana Atiglo

  • Können Sie sich kurz vorstellen mit den für Sie wichtigsten Lebensetappen?

Geboren und aufgewachsen bin ich in Lomé (Togo), wo ich nach dem Abitur einen Master in Anthropologie absolviert habe. Ich kam als DAAD-Stipendiatin 2013 nach Deutschland und habe 2015 meinen Master „Management in Non-Profit-Organisationen“ an der Hochschule Osnabrück erfolgreich abgeschlossen. Ich bin Mutter einer Tochter und arbeite seit 2018 als Eine Welt-Promotorin für Migration und Partizipation beim VEN e.V. Meine Aufgabe ist es, Migrantenorganisationen, Initiativen und Einzelpersonen, die in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv sind oder werden wollen, durch Informationen, Qualifizierungsangebote, Empowerment, Vernetzung und persönliche Beratung bei der Projektentwicklung (sowohl im In- als auch im Ausland) sowie bei der Antragstellung, Projektabwicklung, Fördermöglichkeiten, Vereinsgründung und vielem mehr zu unterstützen. Nebenberuflich bin ich seit einigen Jahren als freiberufliche Dolmetscherin und Übersetzerin tätig und betreibe ein kleines Nebengewerbe im Bereich E-Commerce.

  • Wie fanden Sie die Ausbildung/ welche Erinnerungen haben Sie an die Ausbildungszeit?

Das Studium war definitiv ein Mehrwert für meine persönliche und berufliche Entwicklung. Obwohl es sehr theorielastig war, konnte ich mir fundierte Fachkenntnisse sowohl in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als auch im Prozess- und Projektmanagement, Finanzmanagement etc. aneignen. Der Studiengang war Teil eines DAAD-Programms für Fach- und Führungskräfte aus dem globalen Süden und daher mit vielen Studierenden aus der ganzen Welt besetzt. Dadurch lernte ich viele verschiedene Kulturen kennen, was sehr viel Spaß gemacht hat. Natürlich war ich auch mit einigen Herausforderungen konfrontiert (Sprache, Heimweh, Diskriminierung/Rassismus…). Aber vor allem die Sprachbarriere war ein großer Stressfaktor, der zeitweise zum Verlust des Selbstvertrauens geführt hat. Ein Masterstudium in Deutsch nach nur sechs Monaten Sprachkurs ist/war kein Geschenk. Aber ich habe es geschafft und bin sehr stolz darauf.

  • Warum wählten Sie diesen Beruf?

Schon als Jugendliche beschäftigten mich Fragen rund um die Themen nachhaltige Entwicklung und globale (Un-)Gerechtigkeit. Dies setzte sich während meines ersten Studiums der Anthropologie an der Universität von Togo fort. Dort engagierte ich mich in verschiedenen Vereinen und entwicklungspolitischen Projekten. Hinzu kam, dass ich das Glück hatte, als persönliche Assistentin für meinen Hauptdozenten zu arbeiten, der zu dieser Zeit als nationaler Berater für ein von der UNDP finanziertes Projekt tätig war, um das zweite Strategiepapier zur Armutsbekämpfung in Togo zu entwickeln. Diese Erfahrung im Bereich Zivilgesellschaft und lokale Entwicklung hat mich damals so begeistert, dass ich, als sich mir durch ein DAAD-Stipendium die Möglichkeit bot, mich im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und Zivilgesellschaft weiterzubilden, diese Chance sofort genutzt habe. So kam es, dass ich meinen Master in Management in Nonprofit-Organisationen mit dem Schwerpunkt Entwicklungszusammenarbeit gemacht habe.

  • War es für Sie schwierig einen Job zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und wo haben Sie die Kraft und Motivation gefunden, diese zu überwinden?

Nach meinem Studium habe ich zwei Jahren gebraucht, um einen Job in diesem Bereich zu finden. Die Herausforderungen beim Berufseinstieg waren einerseits die mangelnde Arbeitserfahrung und andererseits der strukturelle Rassismus. Die Soft Skills, die für die meisten Stellen verlangt wurden, konnten die meisten Absolventen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland kaum erfüllen. Nach mehreren Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen war ich wie viele meiner Kommilitonen kurz davor aufzugeben und zurück in die Heimat zu kehren. Meine größte Kraft war mein christlicher Glaube. Kurz vor meinem Abitur war mein Papa, mein größter Unterstützer und Vorbild verstorben. Ich habe mich dann erinnert, dass ich meinem Papa versprochen habe, dass ich nie aufgeben werde. Außerdem bin ich die Einzige in meiner Familie, die es so weit geschafft hat. Ich konnte es mir also nicht leisten, zu versagen. Also bin ich mit meinem Glauben an Gott und an mich selbst aufgestanden und habe die Türen mit Gewalt geöffnet.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen mit auf den Weg geben, die von einer Karriere als in der Entwicklungszusammenarbeit träumen?

Viele Wege können zu einer Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit führen. Eine solide Grundausbildung bzw. -Studium gibt dir die notwendige Fachkompetenz, um in den verschiedenen Themenbereichen arbeiten zu können. Darüberhinaus und am wichtigsten ist der Glaube an sich selbst die wichtigste Voraussetzung, um beruflich Fuß zu fassen und sich zu behaupten. Denn nichts ist unmöglich, wenn du an deine Stärke und Fähigkeiten fest glaubst. Gib immer dein Bestes und lass dich von niemanden runterziehen! Sei außerdem bereit, deine Komfortzone zu verlassen.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben – Was hält Sie fit?

Um physisch und mental fit zu bleiben höre ich sehr viel Gospel-Musik, meditiere ich und mache ich ein Mal die Woche (so lange ich Zeit habe) Yogagymnastik.

Am Tag 3 unserer Kampagne stellen wir Malehlohonolo Romdhani vor:

„Just do it!“

Wenn Du eine Idee hast, denke nicht zu lange nach, sondern packe es an und sei dabei stets zielstrebig!

                                   Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Malehlohonolo Romdhani

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Ich heiße Malehlohonolo Romdhani und bin Juristin sowie Unternehmerin. Ursprünglich komme ich aus Lesotho, einem kleinen Königreich innerhalb Südafrikas. Ich bin verheiratet und habe einen Sohn. Nach meiner Schulzeit absolvierte ich Bachelorstudium in Physiotherapy an der Universität Kapstadt. Kurz nach Beginn meines ersten Jobs verletzte ich mich schwer an der Hand und konnte den Beruf nicht mehr ausüben. Daher musste ich mich neu orientieren und entschied mich dazu, Jura zu studieren. Ich erwarb meinen Bachelor an der Universität Kapstadt.

Im Jahr 2009 wanderte ich nach Deutschland aus, wo ich meinen Master of Law mit Spezialisierung auf IT-Recht absolvierte. Was mich in meinem Leben bisher besonders geprägt hat, oder besser gesagt, was mich ausgezeichnet hat, ist mein Geschäftssinn. Schon von Kindesbeinen an hatte ich immer Ideen und betrieb kleine Geschäfte. Diese Eigenschaft führte schließlich zu meinem aktuellen Start-up für natürliche Haarpflegeprodukte für Afrohaare.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Meine Berufswahl für meinen Hauptjob als Juristin geht auf eine pragmatische Entscheidung zurück. Wie oben schon erwähnt, habe ich mich nach der Schule zunächst für den Beruf der Physiotherapeutin begeistert. Nachdem ich aufgrund einer irreparablen Handverletzung diesen Beruf nicht mehr ausüben konnte, musste ich mich neu orientieren. Das Jurastudium erschien mir als die Option mit vielfältigen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt an. Was meine andere Aktivität als Entrepreneurin betrifft, so haben viele Faktoren dazu geführt.

Es begann bereits in meiner Jugend, als ich begann, die gängigen Schönheitsideale, die glattes Haar bevorzugen, zu hinterfragen. Als Kind haben wir unsere Haare mit chemischen Produkten geglättet, auch weil glattes Haar als pflegeleichter und schöner angesehen wurde. Jedoch enthalten diese Produkte oft gesundheits-schädliche Inhaltsstoffe. Gleichzeitig stellte ich fest, dass es in Deutschland kaum hochwertige Pflegeprodukte für meinen Haartyp gab. Insbesondere nach der Geburt meines Kindes wollte ich auf keinen Fall die gängigen Markenprodukte verwenden, da ich ständig Kopfhaut Irritation und schuppen bekommen hatte. Deshalb begann ich in meiner Küche Haarpflege Produkte und Pflegeöle für den Eigenbedarf herzustellen. Da habe ich die Wirkung von Moringaöl entdeckt. Es hat meine Kopfhaut-Probleme gelindert. Es dauerte nicht lange, bis ich beschloss, diese Produkte mit Moringaöl auch anderen zugänglich zu machen. Es war offensichtlich, dass es eine Marktlücke gab, und ich empfand eine Art Verpflichtung, meine Lösung nicht für mich allein zu behalten. So entstand Zamata Cosmetics (https://zamatacosmetics.com/).

  • Wie fanden Sie die Ausbildung? Welche Erinnerungen haben sie an die Ausbildungszeit?

Mein Jurastudium absolvierte ich in zwei Phasen. Den Bachelor-Abschluss erwarb ich in Südafrika, während ich das Masterstudium in Deutschland absolvierte. Es war eine äußerst interessante Zeit, die zwar mit anfänglichen sprachlichen Herausforderungen verbunden war, aber das Studium an sich hat mir großen Spaß gemacht. Besonders faszinierend war die Tatsache, dass es sich um ein Europa-Programm handelte, das mir ermöglichte, ein Semester in Stockholm, Schweden, zu studieren. Meine Masterarbeit verfasste ich dann in der Rechtsabteilung bei Volkswagen, wo ich seit meinem Abschluss in verschiedenen Abteilungen tätig im Einsatz bin. Für meine Tätigkeit als Unternehmerin ist es größtenteils ein Learning-on-the-Job-Prozess, obwohl mir mein Jurastudium dabei sehr zugutekommt.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Nach meinem Studium konnte ich direkt beim Arbeitgeber, bei dem ich meine Masterarbeit verfasst hatte, eine Stelle als Doktorandin erhalten. Dadurch verlief der Übergang zum Arbeitsmarkt ziemlich nahtlos. Natürlich gab es hier und da Herausforderungen, aber sie sind Teil des Weges und dazu da, damit wir über uns hinauswachsen und uns weiterentwickeln. Meine Offenheit und Zielstrebigkeit haben mir immer geholfen, diese Herausforderungen zu meistern. Mit meinem Naturkosmetik-Geschäft begegnen mir andere, vielfältigere Herausforderungen. Zum Beispiel hatte ich große Schwierigkeiten, Partner für die Herstellung meiner Produkte zu finden. Viele meiner Kooperationsanfragen stießen auf Skepsis und Ablehnung. Doch ich ließ mich davon nicht demotivieren und letztendlich gelang es mir, einen guten Partner zu finden, der meine Idee sehr gut verstand. Resilienz ist auch eine wichtige Qualität, wenn man ein Unternehmen gründet und erfolgreich führen will.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen mit auf den Weg, die von einer Karriere als Juristin träumen oder ein Geschäft aufziehen möchten?

Überlege nicht zu lange, wenn du eine Idee oder ein Projekt hast. Lege los und sei stets neugierig und offen für Veränderungen. Die Welt braucht Menschen mit Ideen, und wenn du ein Problem erkennst und eine Lösung dafür findest, betrachte es als deine Bestimmung, es auszuprobieren. Vielleicht hast du nicht alle nötigen Kenntnisse, um es umzusetzen, aber mit Bildung kannst du viel erreichen. Mir hat es sehr geholfen, mich von kompetenten und vertrauenswürdigen Menschen in relevanten Fachgebieten zu umgeben. Du bist nicht allein. Finde Mitstreiter, die mit dir gehen und dich unterstützen. Auf deinem Weg wirst du viel über dich selbst lernen, auch über die weniger schönen Seiten. Lass es zu, denn nur so kannst du besser werden.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben – was hält Sie fit und fokussiert?

Ich arbeite sehr viel und durch die zwei Tätigkeiten muss ich sehr diszipliniert und strukturiert sein.  Außerdem achte ich sehr auf einen gesunden Lebensstil. Ich mache viel Sport und bin leidenschaftliche Podcast-Zuhörerin. Ich kann dabei immer sehr gut abschalten und mich bilden.

Am Tag 2 der Kampagne in Niedersachsen stellen wir Ihnen die Margareth Jean Louis vor

„Kämpfe für Deine Träume und gib niemals auf! Denn es gibt einen Grund, warum Du diesen Traum hast.“

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Interview mit Margareth Jean Louis

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Margareth Jean Louis, ich stamme ursprünglich aus Haiti und lebe seit meinem neunzehnten Lebensjahr mit einer dreijährigen Unterbrechung in Deutschland. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Von Beruf bin ich Friseurmeisterin, und ich führe seit vielen Jahren erfolgreich meinen eigenen Salon. Der Umzug nach Deutschland hat mich stark beeindruckt. Obwohl es ursprünglich nur als kurzer Aufenthalt geplant war, entschied ich mich recht bald dazu, hier zu bleiben, um mich von meinen Eltern zu emanzipieren. Doch dann traf mich der Kulturschock. Ich lebte in einem Dorf im Emsland und musste gleichzeitig zwei neue Sprachen lernen, Deutsch und Plattdeutsch. Ich litt schnell unter Heimweh und war kurz davor, zurückzukehren. Trotzdem entschied ich mich letztendlich dafür zu bleiben und begann eine Ausbildung. Besonders befremdlich empfand ich die mangelnde Unterstützung seitens der Arbeitsverwaltung. Zu dieser Zeit war ich bereits Mutter einer kleinen Tochter, und überall hieß es: „Warum willst du arbeiten, du hast doch einen Mann.“ Diese Reaktionen schockierten mich zutiefst, denn in meiner Heimat war Mutterschaft kein Hindernis für berufliche Tätigkeiten. In meiner Sozialisation war es selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten und finanziell unabhängig waren. Diese Erfahrungen machten mich wütend und bestärkten mich darin, mich nicht demotivieren zu lassen.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Schon als kleines Mädchen wollte ich Friseurin werden. Auf meiner Liste standen drei Optionen: Friseurin, Krankenschwester und Hotelfachfrau. Letzteres lässt sich nur sehr schwer mit einer Familie vereinbaren, deshalb habe ich es für mich ausgeschlossen. Krankenschwester war eigentlich der Wunsch meiner Eltern und da ich als Teenager ziemlich gegen sie rebelliert habe, war auch diese Option vom Tisch. So blieb nur noch der Beruf der Friseurin, der sowieso meine erste Wahl war. Um eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu haben, brauchte ich einen deutschen Schulabschluss, denn mein mitgebrachtes Zeugnis zählte hier nicht. Ich habe meinen Realschulabschluss nachgeholt und mich erfolgreich um einen Ausbildungsplatz beworben.

  • Wie blicken Sie auf Ihre Ausbildungszeit zurück? Wie haben Sie die Ausbildung empfunden?

Die Ausbildungszeit war leider eine äußerst schmerzhafte Erfahrung für mich. Kurz nach Beginn der Ausbildung begannen einige meiner Kollegen, mich wegen meiner Herkunft zu mobben. Sie machten sich über meine in ihren Augen unzureichenden Sprachkenntnisse lustig und behaupteten, dass man sich mit mir nicht verständigen könne. Die Situation verschärfte sich, bis meine Chefin, mit der ich anfangs gut ausgekommen war, sich nach Ablauf der Probezeit von mir trennen wollte. Als mir ein Aufhebungsvertrag angeboten wurde, lehnte ich dies jedoch entschieden ab, was den Zorn meiner Kollegen und Vorgesetzten auf mich zog. Ich wurde ausgegrenzt und gemobbt. Trotz allem entschied ich mich dazu, in der Ausbildung zu bleiben und sie erfolgreich abzuschließen, was mir letztendlich auch gelang.

  • War es schwierig für Sie, einen Job zu finden? Und wie sind Sie zu Ihrem Meister gekommen? Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem bisherigen Berufsweg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu meistern?

Nach meiner Ausbildung fand ich sofort eine Anstellung in einem renommierten Salon, wo ich meine Arbeit sehr genoss und alles reibungslos lief. Nach einigen Jahren strebte ich natürlich nach mehr: einer besseren Position, höherem Gehalt und vor allem nach flexibleren Arbeitszeiten, besonders da ich kleine Kinder hatte und es herausfordernd war, die regulären Arbeitszeiten mit der Familienzeit zu vereinbaren. Ich begann darüber nachzudenken, selbstständig zu werden, und die Frage nach dem Meisterbrief kam schnell auf. Ich traf die Entscheidung und teilte sie meinem Arbeitgeber mit, was nicht gut aufgenommen wurde. Warum sollte ich als Mutter mir so etwas antun? Mein Chef und meine Kollegen schienen es anmaßend zu finden, dass ich, die unauffällige schwarze Friseurin mit dem starken ausländischen Akzent, solchen Ehrgeiz hatte. Nicht nur, dass sie mir nicht zutrauten, es wahrscheinlich hielten sie es auch für größenwahnsinnig. Das hat mich enttäuscht und gleichzeitig motiviert. Ich nahm mir fest vor, diesen Weg zu gehen und mich von nichts und niemandem demotivieren zu lassen. Ich hatte viel Stress von allen Seiten und wenig Unterstützung von zu Hause. Als ich die Meisterprüfung nicht bestand, war ich kurz davor aufzugeben. Aber die Vorstellung, meinen Traum von der Selbstständigkeit aufzugeben, gab mir die Kraft, weiterzumachen. Ich hatte bereits meinen ersten Salon eröffnet und freute mich trotz des enormen Drucks auf meinen „eigenen Baby“. Einen Weg zurück konnte ich mir nicht vorstellen. Also fing ich wieder an und kämpfte weiter. Ich war die einzige schwarze Meisterin meines Jahrgangs, und das erfüllt mich bis heute mit Stolz.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die davon träumen, Salonbesitzerin zu werden und ihren Meister zu machen?

Niemals aufgeben! Das war und ist mein Credo. Nur du kannst deine Träume und Wünsche verwirklichen! Sie sind aus einem bestimmten Grund, dir erschienen und nur du kannst sie realisieren. Bei allem, was ich angepackt habe, gab es immer so viele Hürden, es wurden mir sogar Steine in den Weg gelegt. Hätte ich alles zu leicht aufgegeben, wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Was mir bei diesen Herausforderungen immer geholfen hat, war das Wissen um meine Rechte und Pflichten. Du hast Rechte. Informiere dich darüber und fordere sie ein!

Am Tag 1 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Ihnen Priscah Habben vor:

„Vertraue der Expertin in Dir! Sie ist Dein Anker und lässt Dich authentisch und sicher auftreten.“

                                                                 Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Priscah Habben

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Priscah Habben und ich bin Psychologin von Beruf. Ich stamme ursprünglich aus Kenia und lebe seit 2005 in Deutschland. Geprägt haben mich sowohl besondere Ereignisse als auch Begegnungen. Der Umzug nach Deutschland war für mich als junges, schüchternes Mädchen aus einfachen Verhältnissen natürlich ein großer Schritt. Doch wenn ich weit zurück in meine Kindheit blicke, erinnere ich mich an einen Traum, den ich als vier- vielleicht fünfjähriges Mädchen hatte und der wohl am prägendsten für meine Berufswahl war. Dazu später mehr. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch ein Familienaufenthalt bei einer entfernten Tante. Sie kannte mich kaum, doch sie machte meinen Eltern klar, dass man die kleine, unscheinbare Priscah keinesfalls unterschätzen dürfe. Diese Erfahrung hat mich gestärkt.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Das geht auf meine Kindheit zurück. Als ich ca. fünf Jahre alt war, hatte ich einen Traum. In diesem Traum waren meine Familie und ich auf einer wunderschönen Reise. Als ich erwachte, erzählte ich meinem Bruder von diesem Traum, konnte mich jedoch nicht mehr an das Reiseziel erinnern. Ich bat ihn, es mir zu sagen, da er auch in meinem Traum war, aber er antwortete, dass mein Traum nur mir gehörte und wenn ich ihn nicht erzählen könnte, würde niemand davon erfahren. Von diesem Moment an verspürte ich den starken Wunsch, anderen zu helfen, das auszudrücken, was in ihnen schlummerte; der Wunsch, Menschen zu helfen, ihre Sprache zu finden und sich mitzuteilen, keimte in mir und begleitete mich mein ganzes Leben lang. Welches Berufsbild passte besser zu diesem Wunsch als das der Psychologin? So kam es dazu.

  • Wie fanden Sie die Ausbildung? Welche Erinnerungen haben sie an die Ausbildungszeit?

Meine Ausbildungszeit bestand aus zwei Phasen: Zunächst musste ich die Hochschulzugangsberechtigung am Studienkolleg erlangen, bevor ich mit dem Psychologiestudium beginnen konnte. Diese Zeit war herausfordernd, da ein Dozent den Studierenden das Leben schwer machte und mich dazu brachte, aus pragmatischen Gründen meine Fächerkombination zu ändern. Das Psychologiestudium verlief dagegen, abgesehen von den anfänglichen Sprachschwierigkeiten, sehr gut. Ich war äußerst motiviert und engagiert, und das Studium bereitete mir wirklich Freude, weil ich die Inhalte erlernen konnte, die ich mir immer gewünscht hatte.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Nach meiner Ausbildung hatte ich keine Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Ich konnte mich stets durch meine Leistungen empfehlen, vom Praktikum zum ersten Job und dann zum nächsten. Allerdings machte mir anfangs eine Sache Sorgen: Ich fürchtete, dass einige Klienten mich aufgrund meiner Hautfarbe nicht akzeptieren würden, denn als Psychologin dringt man in die Intimsphäre der Menschen ein, die man begleitet. Doch bisher hat alles gut funktioniert, vor allem, weil ich beschlossen habe mich und meine Klienten als Menschen zu sehen und nicht als (haut) Farbe. Mit dieser Einstellung und die Unterstützung meiner Vorgesetzten, Kollegen und Familie, bin ich gut gefahren.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die von einer Karriere als Psychologin träumen?

In meiner aktuellen Funktion als Betriebspsychologin habe ich hauptsächlich mit Führungskräften zu tun, oft selbstbewussten Personen. Wenn man bedenkt, wo ich geboren und aufgewachsen bin, reicht Mut allein nicht aus, um sich in solchen Kreisen zu behaupten. Das Erlangen von Bildung und Kompetenz ist unabdingbar. Ich verlasse mich stets auf mein Fachwissen und meine Kompetenz, die ich immer erweitere und aktualisiere, was mir das nötige Selbstvertrauen verleiht, um entsprechend aufzutreten. Für mich ist es entscheidend, dass alles, was ich tue, mit dem Anspruch erfolgt, darin eine Expertin zu sein, ohne meine Authentizität zu verlieren. Auf diese Expertise kann ich mich stets verlassen. Mein Rat an junge Frauen und Menschen wäre daher, Expertin auf dem eigenen Gebiet zu werden und dem Fachwissen, das man besitzt, zu vertrauen und stets authentisch zu sein. Werde zur Expertin auf deinem Gebiet und vertraue der Expertin in dir!

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Nun, ich habe das Glück, einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht und mich begeistert. Da fällt es mir nicht schwer, mich zu motivieren. Dennoch ist es wichtig, bei meinem Arbeitspensum darauf zu achten, dass ich körperlich fit bleibe. Wie viele andere treibe ich regelmäßig Sport und halte mich an ein festes wöchentliches Fitnessprogramm. Zusätzlich gönne ich mir regelmäßig Auszeiten allein, mit meiner Familie oder mit Freunden. Besonders effektiv kann ich im Alltag abschalten, indem ich mich mit einem spannenden Buch, Hörbuch oder Podcast beschäftige oder Musik höre.

Am Tag 10 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Jasmin Osei Kuffour vor:

Lass Dich nicht so schnell entmutigen

Interview mit Jasmin Osei Kuffour

Können Sie sich bitte in wenigen Worten vorstellen?

Ich bin 31 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Geboren und aufgewachsen bin ich in Bremen. Zusammen mit meinem Mann und meiner Mutter als Köchin führe ich ein Restaurant in Bremen. Wir bieten südafrikanische und ghanaische Küche an. Die Rezepte stammen alle von meiner Mutter.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Restaurant zu eröffnen?

Die Idee kam, weil meine Mutter generell viel gekocht hat. Sie hat in der ghanaischen Gemeinschaft oder in der westafrikanischen Gemeinschaft in Bremen Catering gemacht. Sie hat diese Arbeit sehr gut gemacht, aber es hat meistens an der Bezahlung gehapert. Es war eher die Leidenschaft, die dahintersteckte. Mit dem Job, den ich hatte, war ich damals nicht mehr zufrieden. Eigentlich bin ich gelernte Zahnarzthelferin. Mein Mann war Lehramtsstudent und war zu der Zeit auch nicht ganz zufrieden mit seinem Studium. Und dann führte das eine zum anderen, dass wir einen Businessplan gemacht haben. Im Sommer 2019 haben wir mit dem Catering begonnen. Dann haben wir nach einem Standort gesucht. Den haben wir ziemlich schnell gefunden. Das Restaurant Mataa’s Kitchen wurde Ende Oktober 2019 eröffnet.

Beschreiben Sie Ihren typischen Tag im Restaurant

Morgens geht es eigentlich schon los. Meistens bin ich gegen 8 Uhr da, denn wir haben einen zweiten Standort in der Markthalle 8 in Bremen und einen dritten in der Markthalle Core in Oldenburg. Für diese beiden Standorte gibt es ein Mittagsgeschäft und dafür muss natürlich gekocht werden. Ich koche also für diese beiden Standorte vor. Das wird entweder von meinem Mann geliefert oder von meinem Kollegen, der in Oldenburg arbeitet, abgeholt.  Das ist sozusagen meine Schicht. Die zweite Schicht übernimmt meine Mutter, die dann kocht, wenn in der Markthalle 8 in Bremen etwas nachgeliefert werden muss.  Dann haben wir noch unsere Servicekräfte, die im Hintergrund das Essen vorbereiten. Wir haben auch einen Lieferservice mit eigenen Lieferwagen. Das Essen kann über unseren Onlineshop oder über Seiten wie zum Beispiel Lieferando bestellt und geliefert werden.

Gab es Schwierigkeiten, als Sie mit dem Projekt begonnen haben?

Ja, natürlich. Am Anfang gab es finanzielle Schwierigkeiten. Wir haben viel gespart und alles aus eigenen Mitteln bezahlt. Dann kam der Start. Der Ansturm war schon heftiger, als wir uns vorgestellt hatten. Es war zwar echt schön und cool, dass der Andrang so groß war, aber zum Teil ist man einfach nicht mithalten. Die Leute waren alle neugierig. Wir haben das Marketing technisch sehr gut auf den Weg gebracht. Es war also notwendig, dass wir eine gute Leistung erbringen. Und meine Tochter war noch ganz klein. Das war natürlich nicht so einfach.

Waren Sie schon einmal so entmutigt, dass Sie aufgeben wollten?

Ich sage immer, wenn wir fallen, dann stehen wir auch wieder auf. Natürlich gab es Momente, in denen ich mich gefragt habe, was ich eigentlich mache, warum ich mir das antue und ob es nicht einfacher wäre, von 9 bis 17 Uhr arbeiten zu gehen und dann nach Hause zu fahren. Aber es gab auch sehr oft diese großartigen Momente, wo die Kunden es wirklich schön fanden, was wir geschafft haben. Es ist auch ein tolles Gefühl, wenn man seinen Lebenstraum verwirklicht und eine Erfüllung im Leben gefunden hat. Wir sind die erste Generation von unseren Eltern, die aus Afrika gekommen ist, die die Sprache beherrschen und damit etwas aufbauen können. Unsere Eltern haben die Basis gelegt. Wir können wachsen und unsere Kinder können noch mehr daraus machen.

Wie und woher haben Sie die Motivation und die Kraft genommen, trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen?

Meine ganze Familie ist sehr religiös. Meine Kraft, meine Stärken und meine Antworten finde ich bei Gott. Meine Mutter betet immer zu Beginn und am Ende der Arbeit. Sie betet für die Mitarbeiter, für uns und für die Kunden. So ist es auch bei mir. Ohne das wüsste ich nicht, wo ich heute im Leben stünde und wie Mataa’s Kitchen weiter existieren könnte. Meine Mutter hat mich viel inspiriert. Ich weiß jedenfalls, dass ich in dem Alter, in dem meine Mutter jetzt ist, und wie stark sie ist und was sie alles macht, auch so sein möchte.

Mein kleiner Bruder war auch im Team am Anfang und hat uns sehr geholfen. Ich glaube, ohne ihn hätten wir es nicht geschafft. 

Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass ich sehr stark bin und viel kann. Und so bin ich durchs Leben gegangen. Der Traum und die Motivation sind, dass wir mehrere Franchise-Unternehmen haben und nicht mehr selbst da sein müssen, sondern einfach die Chefs sind. Wir wollen Unternehmer sein und nicht mehr nur Selbstständige. Wir werden natürlich auch Interessen oder Investoren suchen müssen.

Welche Botschaft würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Alles ist gut. Verstelle nie Deine Persönlichkeit. Du kannst im Leben viel erreichen. Versuche immer das zu erreichen, was Du erreichen willst. Lass Dich nicht so schnell entmutigen. Lass Dich nicht klein machen. Vor ein paar Jahren hätte ich mir das alles noch nicht im Traum vorstellen können. Aber dass mehr in mir steckt, habe ich immer gewusst.

 

Am Tag 9 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Dr. Florence Samkange-Zeeb vor:

“Glaube an Dich und vergleiche Dich mit Niemandem”

Interview mit Dr. Florence Samkange-Zeeb

Können Sie sich bitte kurz vorstellen und ein paar Worte zu Ihrer Person sagen?

Ich bin 58, Mutter von 3 jungen Männern. Ich bin in Zimbabwe geboren, aufgewachsen und verheiratet. Ich lebe in Deutschland seit August 1995. Ich habe eine Ausbildung als Röntgenassistentin. In diesem Beruf habe ich in Simbabwe, Südafrika und Namibia gearbeitet. In Namibia habe ich meinen Mann (Deutscher) kennengelernt und bin dann mit ihm und meinen 2 Söhnen nach Deutschland gekommen, zuerst nach Leimen in der Nähe von Heidelberg. Ich hatte keine Deutschkenntnisse. Zuerst besuchte ich die Sprachschule (VHS, Intensivkurs). Für mich war es selbstverständlich, dass ich Deutsch lernen musste. In Südafrika und Namibia habe ich auch die Landessprachen gelernt (zumindest habe ich es versucht). Mein dritter Sohn kam in Leimen zur Welt. Ich habe einen Master und einen Doktortitel im Gesundheitswesen. Mein Forschungsgebiet ist die Sozialepidemiologie mit dem Schwerpunkt Migration und Gesundheit.

Was hat Sie dazu bewogen, Ihren Beruf zu wählen?

Ich wollte schon immer in der Gesundheitsforschung arbeiten. Zuerst habe ich in Heidelberg und dann in Bielefeld in einem Krankenhaus gearbeitet. In Bielefeld habe ich einen Master in Public Health gemacht. Danach bin ich in die Wissenschaft gegangen. Ohne es geplant zu haben, habe ich mit 49 Jahren promoviert. Die Gelegenheit hat sich irgendwie angeboten, und ich habe die Chance ergriffen. Mit dem Doktortitel sind dann einige berufliche Möglichkeiten entstanden.

Beschreiben Sie Ihren typischen Arbeitstag

Je nachdem, woran ich gerade arbeite, ist das unterschiedlich. Zum Beispiel bin ich gerade mit einem Projekt beschäftigt, in dem es darum geht, die Gesundheitskompetenz von Personen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, zu verbessern. Da kann es sein, dass der Tag damit beginnt, Interviews zu führen oder Projektmaterialien wie Flyer oder Fragebögen zu erstellen. Manchmal geht es auch darum, qualitative Interviews zu lesen und zu analysieren oder wissenschaftliche Beiträge (Publikationen) zu erfassen. An manchen Tagen ist der Tag auch voll mit Meetings – im Moment mehr online als persönlich. Ab und zu biete ich Workshops zum wissenschaftlichen Schreiben an, die ich vor- und nachbereiten muss.

Hatten Sie in der Schule oder bei der Arbeit jemals Schwierigkeiten aufgrund Ihrer Hautfarbe?

Eigentlich nicht. Ich glaube, ich habe immer Glück gehabt. Schon als Kind war ich sehr selbstbewusst. Ich bin die Jüngste von sieben Geschwistern und hatte das Glück, Dinge zu tun, die meine Geschwister nicht tun konnten. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich vor der Unabhängigkeit Simbabwes geboren wurde. Ich war das erste und einzige schwarze Mädchen in meiner Schule. Mein Vater gab mir immer Ratschläge und sagte mir, ich sei genauso gut wie meine Mitschüler*innen und solle mich nicht mit anderen vergleichen. Er sagte mir auch, dass es wichtig ist, dass ich weiß, dass ich mich nicht ändern muss, um anderen zu gefallen. 

Wie können Sie sich selbst und die Frauen mit Migrationshintergrund in Ihrem Umfeld stärken?

Das Motto meines Vaters war – man ist nie zu alt, um etwas Neues zu lernen. In unserer Familie spielt Bildung eine große Rolle. Wir waren sechs Mädchen und ein Junge. Mein Vater sagte mir, dass er uns, seinen Töchtern, einen Mann fürs Leben gegeben hat, nämlich unsere Bildung. Er hat uns immer ermutigt, den nächsten Schritt zu machen. Von ihm habe ich gelernt, dass es verschiedene Wege gibt, um voranzukommen. Die Tatsache, dass man es nach dem Abitur nicht direkt an die Universität geschafft hat, bedeutet nicht, dass man keine universitäre Ausbildung machen kann. Man darf sich selbst keine Hindernisse in den Weg legen – Gedanken wie zum Beispiel: „Die Dauer des Studiums ist zu lang“. Die Zeit vergeht schneller als man denkt.

Haben Sie ein bestimmtes Buch, eine Zeitschrift, einen Podcast, ein Tool oder eine Technik, die Sie lieben und mit uns teilen können?

Podcasts, Hörbücher oder ähnliches sind nichts für mich. Ich kann mich nicht lange genug konzentrieren. Ich kann zwar stundenlang lesen, aber ich schaffe es nicht, 15 Minuten lang etwas zu hören. Ich lese alles Mögliche – von Krimis bis zu Biografien. Aber ich habe eine Lieblings Buchreihe. Die habe ich im Laufe der Jahre bestimmt mehr als zehn Mal gelesen. Es handelt sich um die Bücher von James Herriot, einem englischen Tierarzt. Es gibt/gab eine Fernsehserie darüber – auf Deutsch: „Der Doktor und das liebe Vieh“. Als Kinder haben wir die Sendung mit meinem Vater angeschaut, natürlich auf Englisch.

Welche Botschaft würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Mach weiter so, wie Du es damals gemacht hast. Glaube an Dich selbst und vergleiche Dich nicht mit anderen. Jeder hat sein eigenes Tempo – wichtig ist, dass man nicht stehen bleibt.

Am Tag 8 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Laura Mabeia vor:

“Gib Nicht Auf, Selbst Wenn Dein Weg Anders Ist.”

 

Interview mit Laura Mabeia

  • Können Sie sich bitte in wenigen Worten vorstellen?

Ich bin 40 Jahre alt und Mutter von vier Kindern. Ich bin verheiratet und arbeite als Klinikpflegeleitung im Klinikum Bremen-Nord. Ich leite vier große Fachbereiche mit ca. 160 Mitarbeitern. Geboren bin ich in Bremerhaven, aber meine Wurzeln liegen in Nigeria.

  • Was hat Sie dazu bewogen, Ihren Beruf zu wählen?

Ich bin wirklich altruistisch. Ich helfe gerne Menschen, und habe Spaß daran Menschen zu helfen, zu unterstützen und diesen Genesungsprozess zu beobachten und zu begleiten. Deshalb bin ich Krankenschwester geworden. Nach vielen Jahren in diesem Beruf habe ich gemerkt, dass das nicht alles ist, was ich will. Ich merkte, dass ich unzufrieden war. Ich wollte etwas verändern, aber das kann man als Krankenschwester nur begrenzt. Es gibt eine Grenze, bis zu der man gehen kann. Ansonsten muss man sich weiterentwickeln. Ich wollte ins Management. Dann kam natürlich die Frage auf, ob ich das mit vier Kindern wirklich schaffen kann. Damals bot mir mein Arbeitgeber eine Kooperation und unterstützte mein Studium mit einem. So konnte ich dann das Studium des Gesundheits- und Pflegemanagements absolvieren. Während des Studiums wurde ich zur Bereichspflegeleitung und Gott sei Dank eineinhalb Jahre später zur Klinikpflegeleitung befördert. Ich bin jetzt seit einem Jahr in dieser Position.

  • Wie war es für Sie, gleichzeitig zu arbeiten, zu studieren und Mutter zu sein?

Am Anfang war es tatsächlich nicht immer leicht. Viele Leute in unserem Umfeld haben gefragt, ob ich das wirklich schaffe. Sie wollten mir ein bisschen ein schlechtes Gewissen machen mit Fragen wie: “Du bist doch Mutter. Wie schaffst du das mit den Kindern? Wirst du dich nicht überfordert fühlen?” 

Aber wenn man weiß, dass die Familie hinter einem steht und einen unterstützt, so wie mein Mann, dann geht es. So habe ich weitergemacht. Ich hatte auch die Unterstützung vom Pastor meiner Gemeinde. 

Ich habe das Studium gerne als Herausforderung angenommen, weil ich mir gesagt habe: Wenn andere das schaffen, warum nicht ich? Ich musste mir einen guten Zeitplan definieren. Ohne Struktur geht es nicht. Wenn man sich die Zeit gut einteilt, dann klappt es auch. Ich habe die Studienzeit sehr genossen. Dieses Studium auf dem zweiten Bildungsweg war genau das Richtige für mich. Und ich kann mir vorstellen, vielleicht noch irgendwann in Richtung Master zu gehen.

  • Was war das für ein Gefühl für Sie, als Frau, als Sie für diese verantwortungsvolle Aufgabe vorgeschlagen wurden? 

Ich fühlte mich sehr geehrt, musste aber auch einen Moment darüber nachdenken, ob ich bereit bin, diese Verantwortung zu tragen. 

Die Position an sich als Frau zu besetzen ist nicht besonders außergewöhnlich. Im Gesundheitswesen, gerade in den Krankenhäusern, sind schon viele Frauen in Führungspositionen. Das ist immer noch ein von Frauen dominierter Beruf. Es war schon früher so, dass die Oberschwester/Stationsleitung eine Frau war. 

In den Kliniken, in denen ich gearbeitet habe, waren Frauen Stationspflegeleitungen, Klinikpflegeleitungen und auch Geschäftsführende Direktorin. Das heißt, die Förderung von Frauen hat es auch dort schon gegeben. Natürlich ist es trotzdem eine Herausforderung, in eine führende Position zu kommen. Wenn wir in Richtung Medizin schauen, sind die Chefärzte tatsächlich überwiegend Männer. Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor relativ unterrepräsentiert. 

  • Können Sie Ihren typischen Arbeitstag beschreiben?

Wir beginnen den Tag gleich um 8 Uhr mit einer Besprechung. Es wird kurz der aktuelle Stand in der Klinik besprochen und abgeklärt, ob es irgendwelche dringenden Dinge zu erledigen gibt. Dann geht es weiter mit Telefonaten und E-Mails. Vieles ist bereits im Terminkalender verplant, wie zum Beispiel die wöchentlichen Jours fixes mit den Chefärzten, Direktoren, Bereichs- und Stationsleitungen. Dann kommen noch die Mitarbeitergespräche und Teamgespräche. Wir haben eine “Open-Door-Kultur”.  Das heißt, die Türen in unseren Büros stehen immer offen, so dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu uns kommen können, wenn sie ein Anliegen haben. Ich habe viele Sitzungen in Gremien, hier sind wir beratend und auch aktiv an Projekten beteiligt und entwickeln eigene Konzepte. Wir wollen auch die Wissenschaft einbeziehen und schauen, wie wir Konzepte anpassen oder umgestalten können. Und dann gibt es auch noch neben sämtlichen Personalthemen die wirtschaftliche Planung, die es zu berücksichtigen gilt. Also es gibt schon viele Bereiche, die von einer Klinikpflegeleitung abgedeckt werden.

  • Sind Sie als Frau nichtdeutscher Herkunft bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit auf Schwierigkeiten gestoßen?

Ich muss wirklich sagen, dass ich das in der Position, in der ich jetzt bin, noch nicht bewusst erlebt habe. Im Gesundheitswesen sind wir seit Jahren international unterwegs. Wir haben viele internationale Ärtz*innen, die zu uns kommen. Die Kliniken sind diesbezüglich sehr aufgeschlossen. 

Wenn ich auf die Jahre zurückblicke, in denen ich als Krankenschwester gearbeitet habe, gibt es viele Begegnungen, bei denen ich wirklich gedacht habe: Das kann doch nicht wahr sein, dass die Leute immer noch so ignorant sind, was meine Hautfarbe angeht. Manchmal wurde ich von den Patienten gar nicht als Krankenschwester wahrgenommen. Manchmal wollten Patienten nicht von mir behandelt werden. Zum Glück sind meine Kollegen oder der Kreis, in dem ich mich bewege, Menschen, bei denen meine Hautfarbe keine Rolle spielt.

  • Waren Sie schon einmal so entmutigt, dass Sie aufgeben wollten?

Ja, vor allem am Anfang, als ich die Funktion der Bereichspflegeleitung während des Studiums übernommen habe. Da habe ich die Arbeitsbelastung als sehr einseitig empfunden. Da muss man Coping-Strategien entwickeln: Wie kann ich das irgendwie kompensieren, damit ich das durchhalte, und nicht noch aufgebe. Natürlich gibt es diese Momente, in denen man das Gefühl hat, es ist zu viel, es war vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung, zu diesem Zeitpunkt in eine Position mit Verantwortung zu wechseln. Aber ich glaube, man muss ein bisschen kämpfen und wissen, dass es etwas Besonderes ist. Man muss sich daran erinnern, dass es ein Privileg ist, diese Situation oder diese Position zu haben. Das hilft sehr.

  • Wie und woher haben Sie die Motivation und die Kraft genommen, trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen?

Ich bin Christ. Die Quelle meiner Kraft liegt in der Tat bei Gott. Ich kann es nicht anders ausdrücken. Von dort bekomme ich viel und kann viel zurückgeben. Eine meiner Copingstrategien ist, wenn ich einen schlechten Tag habe, meine Schwester in den USA anzurufen. Sie arbeitet auch im Management und wir tauschen uns viel aus. Sie hört mir zu und ermutigt mich. Natürlich unterstützen mich auch meine Familie und mein Mann. Er sagt: „Mensch, du bist so weit gekommen, das wird schon. „Du musst dich erst an die neue Umgebung und die neue Situation gewöhnen”.

  • Hatten Sie Vorbilder, als Sie Ihre berufliche Laufbahn begannen?

Als ich mein Studium begonnen habe, hat mich Ursula von der Leyen sehr fasziniert. Ich bin eher Pazifist (lacht). Aber ich finde es toll, wie eine Frau aus der Medizin in die Politik gegangen ist, nebenbei 7 Kinder bekommen hat, promoviert und dann unsere Verteidigungsministerin wurde. Heute ist sie sogar Präsidentin der Europäischen Kommission. Das hat mich total inspiriert und ich habe mir gedacht, wow, wenn sie das kann, warum sollte ich das nicht versuchen? Wahrscheinlich hat sie 10 Nannies (lacht), aber ich fand es toll. Dies ist ein erstrebenswertes Ziel.

  • Welche Botschaft würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Gib nicht auf, selbst wenn Dein Weg anders ist. Du kannst Dein Ziel auch auf andere Weise erreichen. Höre auf die Stimme in Dir, die Dich ermutigt und Dir sagt, dass Du es schaffen kannst. Zu einem späteren Zeitpunkt kannst Du in Deinem Beruf neue Wege eingehen. Es gibt keine Misserfolge. Solltest Du Dein Ziel nicht sofort erreichen, hast Du dennoch Erfahrungen gesammelt und kannst andere damit ermutigen. Herausforderungen sind Chancen, die ergriffen werden müssen. Wenn man sich nie traut, aus seiner Komfortzone herauszukommen, wird man immer derselbe Mensch bleiben und irgendwann verbittert sein und sagen: „Mensch, hätte ich das doch mal gemacht.“ Verspürt man diesen Drang zur Veränderung, dann sollte man ihm nachgeben. 

Am Tag 7 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Maimuna Sallah vor:

“Lege Deinen Fokus auf das, was Dir am wichtigsten ist”

Interview mit Maimuna Sallah

  • Können Sie sich bitte in wenigen Worten vorstellen?

Ich bin 31 Jahre alt. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Meine Wurzeln väterlicherseits liegen in Gambia. Zurzeit studiere ich an der Universität Bremen den Masterstudiengang Transnationale Literaturwissenschaft. Dabei geht es um Literatur, Theater und Film. An der Uni arbeite ich auch als studentische Mitarbeiterin in der Antidiskriminierungsstelle. Nebenbei engagiere ich mich vor allem als Aktivistin gegen Rassismus und mache so ein bisschen politische Bildungsarbeit als Referentin. Ab und zu bin ich auch bei Literaturfestivals als Moderatorin tätig. Neuerdings bin ich auch Co-Leitung der ersten Schwarzen Kinderbibliothek Deutschlands.

  •  Welche Inhalte werden in diesem Studiengang vermittelt?

Der Studiengang ist sehr transdisziplinär. Wir beschäftigen uns mit Literaturen aus der ganzen Welt. Dabei wird vor allem eine postkoloniale Perspektive auf Literatur eingenommen.  Im Filmseminar haben wir zum Beispiel auch einen kleinen Film gedreht. Im Theaterseminar haben wir ein kleines Stück inszeniert. Es wird einfach versucht, kulturelle Gegebenheiten in der Gesellschaft aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

  • Was hat Sie dazu bewogen, sich für Ihren Studiengang zu entscheiden?

Ich habe einfach schon immer sehr gerne gelesen, und das schon, seit ich ein kleines Kind war. Das Interesse an afrikanischer Literatur und an afro-deutscher Literatur hat mich dazu gebracht, das zu studieren. Im Bachelor habe ich Deutsch und Philosophie auf Lehramt studiert, weil ich schon sehr lange den Wunsch hatte, Lehrerin zu werden. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich nicht so gut in den Schuldienst passe und dann vielleicht Dinge unterrichten muss, hinter denen ich selbst nicht stehen kann. Ich wollte lieber etwas Kreativeres machen, auch mit der Befürchtung, dass es dann vielleicht schwieriger ist, einen Job zu finden, weil es auch ein Studium ist, das sehr viel mit Praktika und sehr viel mit Beziehungen zu tun hat. 

  • Was sind Ihre Aufgaben in der Antidiskriminierungsstelle der Universität?

Ich bereite Fortbildungen zum Thema Konfliktberatung oder Diskriminierung am Arbeitsplatz vor. Außerdem habe ich mit meinem Kollegen ein Projekt gestartet, in dem wir versuchen, die studentischen Gruppen an der Universität, die diskriminierungskritisch arbeiten, zusammenzubringen, um so eine Art Antidiskriminierungsnetzwerk an der Universität aufzubauen, das von Studierenden geleitet wird. Die Idee hinter diesem studentischen Netzwerk ist es, an der Universität mehr Sichtbarkeit für Menschen zu schaffen, die von Diskriminierung betroffen sein könnten und dass sie sich im Falle eines Falles informieren können, wo sie Hilfe bekommen. 

  • Haben Sie Vorbilder, die für Sie eine Inspiration oder Motivation waren?

Meine Schwester ist ein großes Vorbild. Sie ist sechs Jahre älter als ich und hat eine zwölfjährige Tochter. Ich bin sehr beeindruckt, wie sie ihr Leben einfach meistert, wie sie arbeitet, wie sie für ihr Kind da ist, wie sie für sich selbst da ist und wie sie mir auch eine gute Schwester ist.

Während meines Studiums fiel mir auf, dass gerade Schwarze Frauen in der Literatur, die wir lasen, sehr unterrepräsentiert sind. Ich bin dann auf eigene Faust auf die Suche gegangen. Ich habe dann viel von Bell Hooks oder Toni Morrison gelesen. Ich war auch auf der Suche nach Autorinnen und Autoren, die in meiner Gegenwart für mich inspirierend sind. Heute lese ich gerne Romane von Sharon Dodua Otoo. Ich möchte auch meine Masterarbeit über ihr Buch « Adas Raum » schreiben. Was die Politik betrifft, so hatte ich Vorbilder wie zum Beispiel Angela Davis. 

Aber meine persönliche Einstellung, mich nicht immer mit Rassismus beschäftigen zu wollen und mich auch nicht darüber zu definieren, hat mich dazu gebracht, ganz normale Literatur zu lesen. Vor zwei Jahren habe ich einen Roman von Olivia Wenzel gelesen. Das Buch handelt auch von einer afrodeutschen Frau in ungefähr meinem Alter. Ich fand die Geschichte sehr schön, weil die Autorin es geschafft hat, die Geschichte einer Frau zu erzählen, die zwar Schwarz ist und Rassismus Erfahrungen macht, aber eben nicht nur. Auch wenn Schwarz sein ein Thema war, ging es nicht immer nur darum, um dieses Leid, das damit einhergehen kann.

  • Sind Sie als Jugendliche in der Schule und als junge Erwachsene an der Universität zu Ihrer vollen Entfaltung gekommen?

Nein.  Ich habe auch Diskriminierung erlebt. Ich musste mich dagegen wehren. Das war sehr schwierig für mich als junger Mensch. Ich bin sehr weiß sozialisiert aufgewachsen, dadurch dass ich eine weiße Mutter habe. Aber trotzdem habe ich von klein auf, wie wahrscheinlich jedes afrodeutsche Kind, gemerkt, dass ich in der Gesellschaft anders behandelt oder anders gelesen werde. Ich glaube, viele Jahre meiner Jugend waren deswegen von großer Unsicherheit geprägt. Ich konnte nicht verstehen, warum Menschen anders auf mich reagieren, wenn ich mich als zugehörig lese, weil ich hier geboren bin. Erst als ich älter wurde und mehr Kontakt zu anderen Schwarzen Menschen hatte, merkte ich, dass es okay ist, wie ich bin. 

Bezüglich meines Studiums habe ich in Oldenburg studiert. Oldenburg ist eine relativ kleine Stadt und ich fand es sehr schwierig, aus einer großen Stadt in so eine kleine Stadt zu ziehen. Generell war dieser Schritt, von zu Hause wegzuziehen, weg von der Familie, schwierig. Ich hatte auf jeden Fall Anfangsschwierigkeiten. Ich war mit der Situation überfordert, auch weil ich die erste in meiner Familie war, die angefangen hat zu studieren. Ich konnte das nicht so richtig teilen. Ich habe auch immer nebenbei gearbeitet, weil wir nicht die finanziellen Mittel hatten, um mein Studium zu finanzieren. Das war schon eine doppelte Belastung für mich, aber ich bin immer sehr gerne zur Uni gegangen. Es war auch trotz allem eine sehr schöne Zeit.

  • Wie und woher nehmen Sie die Motivation und die Kraft, trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen?

Ich finde es wichtig, gerade wenn man nicht mehr in seiner Heimatstadt wohnt und die Familie nicht mehr in der Nähe ist, dass man gute Leute um sich hat. Ich habe in den letzten Jahren durch die politische Arbeit Wert darauf gelegt, dass ich auch eine Community, also andere Menschen, die mir wichtig sind, um mich herum habe. 

Ich finde es auch sehr wichtig, manchmal nein zu sagen. Aber auch das lerne ich noch. Ich finde es auch manchmal schwierig, mir selbst meine eigenen Grenzen bewusst zu machen und auch den anderen zu signalisieren, dass jetzt eine Grenze verletzt wird. Auch die Frage, ob ich die Kapazität für Projekte habe, muss ich mir immer wieder stellen. Gerade in unserem politischen Aktivist*innenkreis merke ich oft, dass man das Bedürfnis hat, viel nach außen zu kommunizieren, weil man vielleicht viele Jahre nicht gehört wurde. Aber es ist auch wichtig, nicht zu allem ja zu sagen. Nicht auf jedes Podium zu gehen, nicht bei jedem Projekt mitzumachen, denn man kann die Welt allein nicht retten. Man darf sich nicht ausbrennen lassen. Man muss aufpassen, dass man nicht kaputt geht.

  • Welche Botschaft würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Suche Kontakt zu Menschen, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Genau solche Projekte – wie das Projekt #Dasschaffstduauch – sind für Dich da! Du bist nicht allein. Du bist nicht schlecht oder komisch, aber die Gesellschaft will ein Bild von Dir zeichnen, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Ich möchte, dass sie auch versteht, dass es sehr wichtig ist, dass man sich nach innen wendet und nicht nur nach außen nach Anerkennung in einer weißen Gesellschaft strebt – Wie man das verfolgt, was einem selbst am Herzen liegt und wie man vielleicht Dinge in der Welt verändern kann, die auch für die eigene Gemeinschaft von Vorteil sind. Ich habe zum Beispiel im Januar 2023 in einem Team hier in Bremen die erste Schwarze Kinderbibliothek eröffnet.