Am letzten Tag unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Djenabou Diallo-Hartmann vor:

Trau Dich! Auch Du gehörst an den großen Tisch – genauso wie alle anderen auch!


 Bild @ Sven Brauers

Interview mit Djenabou Diallo-Hartmann

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Djenabou Diallo-Hartmann. Ich bin in Guinea geboren und aufgewachsen und vor fast 19 Jahren zum Studium nach Deutschland gekommen. Zunächst habe ich im Osten Deutschlands gelebt, bevor ich vor etwa 16 Jahren nach Hannover gezogen bin. Um hier mein Studium der Politikwissenschaft fortzusetzen. Von Beruf bin ich Politikerin und als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für die Partei Bündnis 90/Grüne im Niedersächsischen Landtag tätig. Ich bin  Mutter von zwei Kindern. Was mich nachhaltig geprägt hat und letztlich der Grund für mein politisches Engagement war, sind meine eigenen Erfahrungen mit Rassismus und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft, sowohl im Alltag als auch in unseren Institutionen. In Halle/Saale trauten wir uns damals als schwarze Student*innen nicht alleine in die Bibliothek zu gehen; wir bewegten uns immer nur in Gruppen, so groß und real war die Gefahr oder die Angst, körperlich angegriffen zu werden. Meine damaligen Erfahrungen in der Ausländerbehörde machten deutlich, wie stark Rassismus trotz aller Bemühungen in unseren Institutionen verankert war und ist.

  • Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Die Entscheidung, mich politisch zu engagieren, steht in direktem Zusammenhang mit den bereits erwähnten Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen. Sowohl als junge Studentin als auch als junge Mutter habe ich Dinge erlebt, die mich empört haben. Ich habe erlebt, wie mein Sohn zusammen mit anderen Kindern mit Migrationshintergrund in der zuständigen Schule systematisch ausgegrenzt und stigmatisiert wurde: Sie wurden in eine sogenannte „Schneckenklasse“ gesteckt, die an dieser Schule keinen guten Ruf hatte. Die Kinder wurden zum Beispiel nicht auf Klassenfahrten mitgenommen, weil sie als „unkontrollierbar“ galten. Das erinnerte mich sehr an meine eigenen Erfahrungen als junge Frau und ich wollte das nicht einfach so hinnehmen. Ich beschloss, etwas dagegen zu unternehmen, und setzte alles in Bewegung, was in meiner Macht stand, um das zu ändern. Das war ein langer und schmerzvoller Prozess, der aber erfolgreich war: Am Ende wurde diese Klasse aufgelöst und dieser Erfolg zeigte mir, dass man als Bürger*in etwas bewegen kann. So beschloss ich, mich politisch zu engagieren. Nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Faktoren trat ich in die für mich passende Partei ein.

  • Wie blicken Sie auf die Ausbildungs- bzw. Studienzeit zurück?

Auch wenn die Erinnerungen an meine Studienzeit nicht mehr ganz so frisch sind, würde ich sie im Großen und Ganzen positiv bewerten. Als ausländische Studentin hatte ich natürlich meine Schwierigkeiten mit der Sprache, so dass ich gefühlt doppelt so viel Lernzeit aufwenden musste wie meine muttersprachlichen Kommilitoninnen. Außerdem bin ich während des Studiums Mutter geworden. Das waren zusätzliche Herausforderungen, die ich aber dank meiner sehr hohen Motivation, meiner Offenheit und meines Pragmatismus gut meistern konnte. Ich habe nicht gezögert, die mir angebotene Unterstützung anzunehmen. Ich hatte nette, weltoffene und ich würde sogar sagen für damalige Verhältnisse rassismuskritische Kommiliton*innen, die mir immer bereitwillig Fragen zu Studieninhalten sowie zur Hochschulstruktur und -kultur in Deutschland beantwortet haben. Meine Professor*innen empfand ich in der Regel als fair und unterstützend.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Meinen ersten Job hatte ich als persönliche Mitarbeiterin von zwei Abgeordneten der Grünen im niedersächsischen Landtag. Ich war zu dieser Zeit bereits sehr aktiv als Parteimitglied auf Landesebene und habe mich dadurch für diese Stelle qualifiziert. Die Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht und mir einen Einblick in das Tagesgeschäft der Landespolitik ermöglicht. Dennoch hatte ich nach zwei Jahren das Bedürfnis, die „richtige“ Arbeitswelt kennen zu lernen. Es war mir wichtig, Erfahrungen außerhalb des Politikbetriebes zu sammeln. Mit meinem Profil empfahlen sich Stellen im Dritten Sektor, also bei NGOs und zivilgesellschaftlichen Organisationen. So habe ich eine Stelle als Referentin der Geschäftsführung bei einem großen Dachverband von Migrantenselbstorganisationen in Niedersachsen bekommen und dort einige Jahre gearbeitet. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung, die mir für mein späteres politisches Engagement als Abgeordnete in vielerlei Hinsicht sehr geholfen hat. Aber so schön diese Erfahrungen auch waren, sie waren nicht ohne Herausforderungen. Als schwarze Frau beweg(t)e ich mich in Sphären, die Menschen wie mir bis dahin verschlossen waren. Meine Themenschwerpunkte und meine temperamentvolle Art stießen trotz der erklärten Offenheit auf Befremden. Es war und ist ein ständiger Kampf, den ich bereit bin, immer wieder zu führen. Denn wie gesagt, ich bin in die Politik gegangen, um etwas zu bewegen und zu gestalten und die Erfolge, wenn auch mühsam, geben mir Recht. Wenn meine Tochter sagt, ich sei ihr Vorbild und ihre Lieblingspolitikerin, dann ist das für mich Ansporn.

  • Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen?

Dass bestimmte Bevölkerungsgruppen in der Politik unterrepräsentiert sind, ist bekannt und in meinen Augen ein Problem. Als BPoC ist es mir ein Anliegen, Menschen wie mich zu motivieren, sich politisch zu engagieren, damit ihre Stimme in den Diskussionen authentisch und würdig vertreten ist. Ich verstehe, dass es in dem einen oder anderen Fall gewisse Hemmungen gibt, denn wenn wir ehrlich sind, hat der Beruf des Politikers nicht unbedingt den besten Ruf. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die Gestaltung einer gerechten Gesellschaft ohne die Stimme der BPoC nicht gelingen kann.   Wir müssen uns also engagieren und das mit dem Ziel, am großen Tisch zu sitzen, an dem die wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Mein Rat wäre also: Traut euch! Ihr gehört an den großen Tisch – genauso wie alle anderen auch!

Am Tag 9 unserer Kampagne in Niedersachsen stellen wir Rocio Picard vor:

Nichts wird Dir geschenkt. Du musst immer kämpfen, um Deine Ziele zu erreichen.

                                                                                                              Bild  @ Nicole Beneewah

Interview mit Rocio Picard

Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Rocio Santacruz Gonzalon de Picard. Ich bin in Ecuador geboren und aufgewachsen und kam mit 19 Jahren als Kindermädchen nach Deutschland. Ich bin Rentnerin und seit 2015 ehrenamtlich als gewählte Ratsfrau im Gemeinderat von Tostedt. In meiner aktiven Berufszeit war ich Krankenpflegerin und habe viele Jahre als Altenpflegerin gearbeitet. Ich bin verwitwet; Mutter von drei Kindern und stolze Oma. Ein Schlüsselmoment in meinem Leben war die Entscheidung, in Deutschland zu bleiben, nachdem die Diplomatenfamilie, bei der ich als Kindermädchen gearbeitet hatte, das Land verlassen hat. Ich blieb, um hier in Deutschland eine Ausbildung als Krankenpflegerin zu absolvieren – wurde aber mit der brutalen Realität des Ausländerdaseins konfrontiert. Ich stand vor dem Nichts und musste um die Legalisierung meines Aufenthaltes kämpfen. Es waren sehr harte Zeiten, die mich geprägt haben, nicht nur, weil sie schwierig waren, sondern weil ich in dieser Zeit sehr viel über mich und die Menschen gelernt habe; ein Gewinn für meine soziale Intelligenz.

Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Die Entscheidung, mich politisch zu engagieren, kam durch Zufall. Ich war zwar schon immer sozial engagiert und in meiner Gemeinde aktiv, habe aber nie daran gedacht, in die Politik zu gehen. Vor etwas mehr als zehn Jahren, als ich schon im Ruhestand war, hat sich in Tostedt eine Gruppe zu einer Wählergemeinschaft zusammengeschlossen und eine internationale Liste für die Kommunalwahl aufgestellt. Ich wurde angesprochen und überredet mitzumachen. So kam ich zu meinem ersten politischen Amt. Meine Gründe und Motive waren eher unspektakulär, würde ich sagen. Ich hoffte, durch dieses Amt vielen Menschen in meiner Gemeinde eine Stimme geben zu können, indem ich ihre Sorgen und Hoffnungen, ihre Anliegen authentisch in die Diskussionen einbringe. Ich hoffte, dadurch etwas zu bewegen und meinen Beitrag zu einer besseren Gesellschaft zu leisten. Inzwischen ist viel passiert und ich bin in meiner zweiten Amtszeit und für eine andere Partei, Bündnis 90/Grüne. Heute muss ich sagen, dass ich diese Entscheidung keineswegs bereue, im Gegenteil. Als Rentnerin eine solche Aufgabe zu haben, ist sinnstiftend und erfüllt mich mit Stolz.

Was sind für Sie bisher die größten Herausforderungen gewesen und wie haben Sie diese zu überwinden?

In meiner ersten politischen Gruppe habe ich ziemlich bald nach Arbeitsaufnahme festgestellt, dass meine Vorstellungen von Zusammenarbeit und Partizipation und die einiger Kolleg*innen nicht ganz zusammenpassten. Ich fühlte mich nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse eingebunden und teilweise nicht ernst genommen. Ich habe das angesprochen und es hat sich nichts geändert. Ich wollte nicht gleich alles hinschmeißen, da mir die Arbeit sehr am Herzen lag und ich den Wählerauftrag sehr ernst nahm. Nach dem Motto „Wenn du es nicht ändern kannst, akzeptiere es; wenn du es nicht akzeptieren kannst, lass es“ habe ich mich für einen Fraktionswechsel entschieden und bin nun seit fast acht Jahren bei den Grünen und sehr zufrieden. Geholfen haben mir in dieser Situation vor allem meine gute Menschenkenntnis und meine Intuition, diese Probleme zu erkennen, denn die Angriffe waren teilweise sehr subtil und unterschwellig. Außerdem konnte ich mich auf meine Entschlossenheit und mein Durchhaltevermögen verlassen.

Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen?

Mir ist bewusst, dass Politik nicht jedermanns Sache ist. Dennoch ist es mir ein Anliegen, dass junge Menschen, insbesondere junge Frauen, in der Politik vertreten sind. Wir sind gerade dabei, im Jugendausschuss einen Jugendrat zu gründen, damit die Jugendlichen einen Ort haben, an dem sie sich zu Themen, die ihnen wichtig sind, äußern und mitentscheiden können. Ich kann also alle jungen Menschen, die aktiv sind, und das sind sehr viele, die gerne gestalten und etwas bewegen wollen, nur ermutigen, den Schritt zu wagen. Auch in jungen Jahren kann man viel bewegen, gerade in Zeiten, in denen die Zukunft unseres Planeten auf dem Spiel steht, ist die Perspektive der Jungen von großer Wichtigkeit. Dabei ist es wichtig, zielstrebig und durchsetzungsstark zu sein, denn nichts wird einem geschenkt.

Am Tag 8 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Helen Nintemann vor:

Sei stets gut vorbereitet, um vermeidbare Fehler zu antizipieren!

                            Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Helen Nintemann

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Helen Nintemann. Ich wurde in Kenia geboren und bin im Jahr 2000 nach Deutschland eingewandert. Ich bin verheiratet und Mutter von drei Kindern. Ich bin leidenschaftliche Köchin und Inhaberin eines Catering-Unternehmens für afrikanische Küche. Außerdem habe ich einen   Foodtruck, mit dem ich auf Wochenmärkten und Veranstaltungen in Osnabrück und Umgebung afrikanische Köstlichkeiten anbiete. Mein Schwerpunkt liegt in der vegetarisch-veganen Küche. Eine Sache, die mich ganz besonders geprägt hat, bzw. die mich schon von Kindheit an ausgezeichnet hat, ist meine Leidenschaft fürs Kochen. Ich habe immer gerne für meine Geschwister gekocht und sie mit neuen Rezepten begeistert. Die Tatsache, dass meine Mutter Berufsschullehrerin für das Fach Hauswirtschaft war, ist wohl nicht ganz spurlos an mir vorbeigegangen. Neben meinem Hauptberuf habe ich 2002 gemeinsam mit meinem Schwager die Initiative „Kenia-Projekt Osnabrück“ ins Leben gerufen, um Schulen in meinem Heimatland Kenia zu unterstützen. Seitdem haben wir über vierzehn Schulen beim Ausbau ihrer Infrastruktur (Klassenräume, Schulgebäude…) unterstützt und Schulkooperationen mit einer Osnabrücker Schule aufgebaut. Wir erweitern ständig unsere Vereinsaktivitäten und können so vielen Menschen in meiner Heimat nachhaltig helfen. Das erfüllt mich mit Stolz.

  • Wie wurde aus Ihrer Leidenschaft ein Beruf; wie kam es zu der Gastronomie-Geschäft?

Die Idee mit dem Catering kam ziemlich bald, nachdem ich zu meinem Mann aus Kenia nach Deutschland gezogen bin. Mein Mann ist selbstständig und hat eine Firma im Bereich Messe-Organisation. Ich half bei ihm aus und fing an, auf Messen kleine Snacks anzubieten. Nachdem ich eine Weile ganz klassisch Sandwiches angeboten habe, wurde mir das zu „langweilig“, zumal ich mich damit überhaupt nicht identifizieren konnte. Meine Leidenschaft ist die afrikanische Küche und das macht mich aus. Ich beschloss, ein afrikanisches Menü anzubieten. Das kam auf Anhieb sehr gut an und entwickelte sich, getrieben von der Idee, die afrikanische Küche hier bekannter zu machen, zu meinem Catering-Geschäft „African Dishes“. Nach und nach haben wir einen Foodtruck angeschafft und sind auf Wochen-, Jahres- und Weihnachtsmärkten sowie bei privaten Veranstaltungen präsent. Einige Jahre später kam die Eröffnung eines Restaurants hinzu und damit ging ein Traum in Erfüllung, den ich schon seit vielen Jahren mit mir herumtrug.

  • Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem bisherigen Berufsweg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu meistern?

Wie man so schön sagt, wächst man mit seinen Aufgaben. Mein beruflicher Werdegang war nicht vorgezeichnet. Von meiner Leidenschaft getrieben, habe ich die Chancen, die sich mir geboten haben, ergriffen und bin immer wieder ins „kalte Wasser“ gesprungen. So musste ich mir das nötige (Fach-)Wissen on-the-job aneignen und hatte anfangs große Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Dies machte sich besonders bei behördlichen Angelegenheiten bemerkbar, aber auch, als es darum ging, Rezepte, Zutaten und Gewürze aufzuschreiben, denn die afrikanische Küche war im deutschen Kontext noch ziemlich „unbeschrieben“. Eine weitere Herausforderung im Geschäftsalltag war das Thema Personal (Gewinnung und Bindung), denn ausgebildete Köche für afrikanische Gerichte findet man nicht an jeder Ecke. Ein Versuch, kompetentes Personal im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aus meinem Heimatland zu holen, scheiterte an den sehr hohen bürokratischen Hürden. In diesen schwierigen Zeiten gab mir mein fester Glaube an Gott und an meine Geschäftsidee immer wieder Halt und Antrieb. Außerdem konnte ich mich auf meine Beharrlichkeit und mein Herzblut verlassen.

  • Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen einen ähnlichen beruflichen Weg einzuschlagen?

Eine Karriere in der Gastronomie kann sehr erfüllend sein, vor allem, wenn man leidenschaftlich gerne kocht und Menschen „bekocht“. Um ein Unternehmen zu gründen und erfolgreich zu führen, reicht Leidenschaft allein nicht aus. Mein erster Rat wäre daher, wie bei allen Dingen im Leben, immer hundertprozentig von seinem Vorhaben überzeugt zu sein; das schützt davor, schnell aufzugeben, wenn es schwierig wird, denn es ist sowohl mental als auch körperlich herausfordernd. Außerdem muss man gut planen und idealerweise den zweiten und dritten Schritt vorausdenken. Man sollte immer gut vorbereitet sein, um vermeidbare, „böse“ Überraschungen zu antizipieren. Darüber hinaus ist Lernen und Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens unerlässlich, um stets innovativ zu sein und sich weiterentwickeln zu können. Und last but not least: Habt keine Angst vor dem Scheitern! Traut euch; nur so könnt ihr eure Träume realisieren!

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Ich bin gerne in der Natur; mache lange, ausgedehnte Spaziergänge und ab und zu Sport zuhause.

Am Tag 6 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Brenda Davina vor:

Arbeite an Deinen Schlüsselkompetenzen und vertraue stets Deinem Instinkt!

                                                             Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Brenda Davina

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Brenda Davina und ich bin in Hannover geboren und aufgewachsen. Meine Eltern stammen ursprünglich aus Ghana und ich bezeichne mich als Schwarze Deutsche. Ich bin Zwillingsmutter und lebe mit meiner Familie in Hannover. Von Beruf bin ich Sozial- und Bildungswissenschaftlerin und seit letztem Jahr als wissenschaftliche Koordinatorin für das Thema „Koloniales Erbe“ für die Landeshauptstadt Hannover tätig. In dieser Funktion verfolge und initiiere ich die Aufarbeitungsprozesse der kolonialen Bezüge der Stadt Hannover. In Kooperation mit dem Beirat „Dekolonisierendes Erinnerungskonzept“ soll ein gesamtgesellschaftlicher Prozess angestrebt werden, um zukünftig Rassismus besser zu bekämpfen und Strukturen für mehr Empowerment und Partizipation zu etablieren. Eine Sache, die mich besonders auszeichnet, ist die Liebe zu meiner Heimatstadt Hannover: Ich bin bekennende Hannoveranerin und kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben. In meinem bisherigen Leben haben mich viele Menschen, Erlebnisse und Erfahrungen inspiriert und nachhaltig geprägt. Wenn ich eins hervorheben sollte, dann diesen Satz, den ich in einer beruflichen Orientierungsphase gelesen habe und der mich über die Themen, mit denen ich mich bereits seit dem Studium und auch jetzt beruflich beschäftige, nachdenklich gemacht hat: „Man spricht über mich in Räumen, die ich noch nie betreten habe“. Es sagt viel über Partizipation und Repräsentation bestimmter Gruppen in unserer vielfältigen multiethnischen Gesellschaft aus und spielte eine sehr große Rolle in meiner beruflichen Orientierung.

  • Wie kamen Sie zu diesem Beruf der Sozial- und Bildungswissenschaftlerin?

Zum Studium der Sozialwissenschaften bin ich durch Zufall gekommen. Wie viele junge Menschen wusste ich nach dem Abitur noch nicht genau, was ich werden wollte. Zuerst habe ich mich für ein technisch orientiertes Studium eingeschrieben. Das lief nicht so gut, denn neben den inhaltlichen Schwierigkeiten hatte ich Heimweh. Ich fühlte mich in der neuen Stadt und auf dem Campus nicht gut aufgenommen. Aus Spaß belegte ich einen Französischkurs an der Uni – Sprachen haben mich schon immer begeistert. In diesem Kurs lernte ich eine Studentin kennen, die mich zu den Sozialwissenschaften brachte. Sie studierte Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Interkulturalität, und genau diese Themen haben mich mein ganzes Leben begleitet. Ich leitete sofort die nötigen Schritte für den Studienfachwechsel ein. Es war gar nicht so einfach, einen Studienplatz zu bekommen, weil es ein NC-Fach war.  Nach meinem Bachelor habe ich ein paar Jahre im sozialen Bereich gearbeitet und schnell festgestellt, dass ein Master mir bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bieten würde. Ich hätte gerne an das Thema meiner Bachelorarbeit über die Lebenswelten und Erfahrungen Schwarzer Menschen in Hannover anknüpfen wollen, fand aber einen Master in Sozialwissenschaften nicht besonders attraktiv, weil zu theorielastig. Ich wollte einen praktischen Beitrag zur Aufklärung der Gesellschaft leisten, weg von der Opferrolle hin zur aktiven Gestaltung. So entschied ich mich den Master in Bildungswissenschaften.

  • Wie blicken Sie auf die Ausbildungs- bzw. Studienzeit zurück?

Meine Studienzeit war ok, wobei ich die Bachelorphase eher als durchwachsen bezeichnen würde. Vor allem die Auswahl der Studierenden hat mich gestört, denn nicht nur, dass ich in meinem Jahrgang in einem Studienfach mit Schwerpunkt Interkulturalität die einzige schwarze Studentin war, hinzukam, dass einige Studierende aus meiner Sicht wenig interkulturelle Kompetenz besaßen. Nicht selten wurde ich mit klassischen, alltagsrassistischen Äußerungen konfrontiert, die mich dazu veranlassten, das Zulassungsverfahren in Frage zu stellen. Wie bereits erwähnt, fühlte ich mich nicht gut aufgenommen. Es dauerte eine Weile, bis ich Freunde fand und eine Lerngruppe bilden konnte. Das Masterstudium hingegen verging wie im Flug, ich war wieder zu Hause und fühlte mich wohler. Inhaltlich war es sehr anregend, es hat Spaß gemacht.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Ein Professor hat uns im Bachelorstudium mal im Scherz gesagt, dass wir wahrscheinlich alle Taxifahrer werden. Soviel zu den prognostizierten Arbeitsmarktchancen für Soziolog*innen. Die Aussichten waren also nicht besonders vielversprechend. Nach dem Bachelorabschluss gab es durchaus Jobopportunitäten überwiegend mit Schwerpunkt in der sozialen Arbeit. Dies passte nicht ganz zu meinen Interessen und Vorstellungen. Ich machte dann noch den Master und arbeitete nach dem Masterabschluss einige Jahre freiberuflich als Bildungsreferentin. Ich habe Workshops bei Bildungsträgern gegeben, aber auch bei Institutionen wie der Polizei. Das war die Ebene, auf der ich agieren wollte. Diese Jobs haben auch auf einer ganz persönlichen Ebene dazu beigetragen, mein Auftreten zu verbessern. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Ich musste selbst-reflektiv erkennen, dass mein Umgang in den Konfliktsituationen in meinem vorherigen Job nicht gut war. Ich hätte für mich und meine Themen selbstbewusster eintreten müssen.

  • Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen?

Fachkompetenz allein reicht oft nicht aus, um beruflich erfolgreich zu sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein überzeugendes und sicheres Auftreten sowie Schlagfertigkeit zu den wichtigsten Softskills gehören, um sich im Berufsalltag zu behaupten, insbesondere als junge schwarze Frau. Die gute Nachricht ist, dass man diese Fähigkeiten trainieren kann, wenn sie bei einem nicht besonders ausgeprägt sind. Arbeite an deinen Soft Skills und vertraue deinem Instinkt! Dein Weg mag verschlungen und nicht geradlinig erscheinen, aber es ist dein Weg: „Trust the process!“

Am Tag 5 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Siphilisiwe Ndlovu vor:

Umgib Dich von Menschen, die in die gleiche Richtung schauen und baue Dir ein starkes Netzwerk, auf das Du Dich verlassen kannst!

                                                              Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Siphilisiwe Ndlovu

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Siphilisiwe Ndlovu und ich komme aus Simbabwe. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Derzeit bin ich im Rahmen meiner Arbeit bei der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen (amfn e.V.) als Leiterin der Regionalstelle Nord des Bundeselternnetzwerks tätig. Unsere Hauptaufgabe im Netzwerk besteht darin, Eltern mit Migrationshintergrund durch Ressourcen und Angebote zu unterstützen, um ihre Rolle zu stärken und ihre Kinder in deren Schullaufbahn zu begleiten. Zusätzlich bin ich Vorstandsmitglied des Bundeselternnetzwerks und engagiere mich ehrenamtlich als Gründerin der Bildungsplattform, Training Women of Excellence (TWOE). Das Ziel dieser Plattform ist es, junge Frauen und Mädchen über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren, insbesondere im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Ein besonders prägendes Erlebnis für mich war, als ich feststellen musste, dass meine ausländischen Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt wurden. Plötzlich stand ich ohne erlernten Beruf da und hatte nichts mehr. Das hat mich zwar erschüttert, aber ich beschloss, mich davon nicht demotivieren zu lassen und hier in Deutschland noch einmal zu

  • Warum haben Sie sich für den Beruf der Sozialarbeiterin entschieden?

Ursprünglich habe ich in Simbabwe Betriebswirtschaft studiert und mich auf eine klassische Karriere in der Privatwirtschaft vorbereitet. Als ich dann nach Deutschland kam, wurden meine Abschlüsse nicht anerkannt, was mich dazu zwang, mich neu zu orientieren. Das Studium der Sozialen Arbeit war die einzige Option, die mir zur Verfügung stand, und obwohl ich anfangs skeptisch war – da diese Ausbildung in meinem Kulturkreis nicht besonders angesehen ist – entdeckte ich in diesem Bereich meine Leidenschaft. Schon immer war ich sozial engagiert und habe in zahlreichen gemeinnützigen Initiativen und Organisationen gearbeitet. In dieser Zeit erkannte ich das immense Potenzial, das ein Studium der Sozialarbeit bietet. Letztlich erwies sich meine Entscheidung für dieses Studium als die beste für meine berufliche Entwicklung, obwohl sie zunächst eher pragmatischer Natur war.

  • Wie blicken Sie auf Ihre Ausbildungs- und Studienzeit zurück? Wie fanden Sie das Studium?

Trotz anfänglicher Herausforderungen mit der Sprache und den für mich ungewohnten Arbeitsweisen und Strukturen, die neben dem reinen Wissens- und Kompetenzerwerb entscheidend für meinen akademischen Erfolg waren, erinnere ich mich sehr positiv an meine Studienzeit. Ich fühlte mich sowohl von den Dozent:innen als auch von meinen Kommiliton:innen gut aufgenommen und unterstützt. Obwohl wir insgesamt nur zwei PoC (Persons of Color) auf dem Campus waren und ich hätte mich isoliert fühlen können, habe ich jedoch keine Diskriminierung oder Ausgrenzung erlebt. Meine offene und fröhliche Art hat mir auch dabei geholfen. Alles in allem hatte ich eine schöne Studienzeit, die mich auf meine zukünftige Arbeit im sozialen Bereich super vorbereitet hat, aber auch als Mensch sehr positiv geprägt hat.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Ich musste nicht lange nach einem Job suchen. Noch bevor ich mein B.A.-Studium abgeschlossen hatte, hatte ich bereits meine erste feste Anstellung bei einem der größten Träger der sozialen Arbeit, der Stadt Hildesheim. Durch meine ehrenamtliche Arbeit war ich sehr gut vernetzt und hatte gute Kontakte zu vielen Organisationen und Akteuren. Die gesammelten Erfahrungen haben mein fachliches Profil geschärft und meine Schlüsselkompetenzen gestärkt, was sich positiv auf meinen Lebenslauf ausgewirkt hat. Dies hat meinen Berufseinstieg erheblich erleichtert, da ich bereits umfangreiche Erfahrungen aus nicht beruflichen Kontexten mitbrachte.

  • Was würden Sie jungen Frauen raten, die mit dem Gedanken spielen, Sozialarbeiterin zu werden?

Junge Frauen, die darüber nachdenken, Sozialarbeiterin zu werden, möchte ich ermutigen, diesen Berufsweg einzuschlagen. Insbesondere in der Afro-Community ist die Sozialarbeit leider nicht weit verbreitet, was sich möglicherweise mit mangelnden Kenntnissen über das breite Arbeitsmarktpotenzial erklären lässt. Es ist wichtig, die Unterrepräsentation von Schwarzen in diesen Berufsfeldern und insbesondere in Führungspositionen zu verringern. Ein Schlüsselfaktor, der mir persönlich bei beruflichen Herausforderungen immer geholfen hat, ist mein starkes Netzwerk. Durch meine offene Art konnte ich schnell wertvolle Kontakte knüpfen und mich erfolgreich vernetzen. Diese Fähigkeit war nicht nur während meines Studiums von Vorteil, sondern auch beim Berufseinstieg und bei allen anderen Aktivitäten. Meine Botschaft wäre: Umgebt euch mit Menschen, die ähnliche Ziele verfolgen, und baut euch ein starkes Netzwerk auf, auf das ihr euch verlassen könnt. Ein solches Netzwerk ist sehr wertvoll für eure persönliche wie berufliche Entwicklung.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Meine persönlichen Erfahrungen mit Überarbeitung haben dazu geführt, dass ich mittlerweile sehr achtsam mit mir selbst umgehe. Es ist mir wichtig, Zeit für mich zu haben, die ich stets versuche, sehr abwechslungsreich zu gestalten. Am liebsten widme ich mich dem Lesen, denn dabei kann ich sehr gut abschalten.

Am Tag 4 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Mana Atiglo vor:

Nichts ist unmöglich, wenn du an deine Stärke und Fähigkeiten fest glaubst.

                                                            Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Mana Atiglo

  • Können Sie sich kurz vorstellen mit den für Sie wichtigsten Lebensetappen?

Geboren und aufgewachsen bin ich in Lomé (Togo), wo ich nach dem Abitur einen Master in Anthropologie absolviert habe. Ich kam als DAAD-Stipendiatin 2013 nach Deutschland und habe 2015 meinen Master „Management in Non-Profit-Organisationen“ an der Hochschule Osnabrück erfolgreich abgeschlossen. Ich bin Mutter einer Tochter und arbeite seit 2018 als Eine Welt-Promotorin für Migration und Partizipation beim VEN e.V. Meine Aufgabe ist es, Migrantenorganisationen, Initiativen und Einzelpersonen, die in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv sind oder werden wollen, durch Informationen, Qualifizierungsangebote, Empowerment, Vernetzung und persönliche Beratung bei der Projektentwicklung (sowohl im In- als auch im Ausland) sowie bei der Antragstellung, Projektabwicklung, Fördermöglichkeiten, Vereinsgründung und vielem mehr zu unterstützen. Nebenberuflich bin ich seit einigen Jahren als freiberufliche Dolmetscherin und Übersetzerin tätig und betreibe ein kleines Nebengewerbe im Bereich E-Commerce.

  • Wie fanden Sie die Ausbildung/ welche Erinnerungen haben Sie an die Ausbildungszeit?

Das Studium war definitiv ein Mehrwert für meine persönliche und berufliche Entwicklung. Obwohl es sehr theorielastig war, konnte ich mir fundierte Fachkenntnisse sowohl in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als auch im Prozess- und Projektmanagement, Finanzmanagement etc. aneignen. Der Studiengang war Teil eines DAAD-Programms für Fach- und Führungskräfte aus dem globalen Süden und daher mit vielen Studierenden aus der ganzen Welt besetzt. Dadurch lernte ich viele verschiedene Kulturen kennen, was sehr viel Spaß gemacht hat. Natürlich war ich auch mit einigen Herausforderungen konfrontiert (Sprache, Heimweh, Diskriminierung/Rassismus…). Aber vor allem die Sprachbarriere war ein großer Stressfaktor, der zeitweise zum Verlust des Selbstvertrauens geführt hat. Ein Masterstudium in Deutsch nach nur sechs Monaten Sprachkurs ist/war kein Geschenk. Aber ich habe es geschafft und bin sehr stolz darauf.

  • Warum wählten Sie diesen Beruf?

Schon als Jugendliche beschäftigten mich Fragen rund um die Themen nachhaltige Entwicklung und globale (Un-)Gerechtigkeit. Dies setzte sich während meines ersten Studiums der Anthropologie an der Universität von Togo fort. Dort engagierte ich mich in verschiedenen Vereinen und entwicklungspolitischen Projekten. Hinzu kam, dass ich das Glück hatte, als persönliche Assistentin für meinen Hauptdozenten zu arbeiten, der zu dieser Zeit als nationaler Berater für ein von der UNDP finanziertes Projekt tätig war, um das zweite Strategiepapier zur Armutsbekämpfung in Togo zu entwickeln. Diese Erfahrung im Bereich Zivilgesellschaft und lokale Entwicklung hat mich damals so begeistert, dass ich, als sich mir durch ein DAAD-Stipendium die Möglichkeit bot, mich im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und Zivilgesellschaft weiterzubilden, diese Chance sofort genutzt habe. So kam es, dass ich meinen Master in Management in Nonprofit-Organisationen mit dem Schwerpunkt Entwicklungszusammenarbeit gemacht habe.

  • War es für Sie schwierig einen Job zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und wo haben Sie die Kraft und Motivation gefunden, diese zu überwinden?

Nach meinem Studium habe ich zwei Jahren gebraucht, um einen Job in diesem Bereich zu finden. Die Herausforderungen beim Berufseinstieg waren einerseits die mangelnde Arbeitserfahrung und andererseits der strukturelle Rassismus. Die Soft Skills, die für die meisten Stellen verlangt wurden, konnten die meisten Absolventen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland kaum erfüllen. Nach mehreren Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen war ich wie viele meiner Kommilitonen kurz davor aufzugeben und zurück in die Heimat zu kehren. Meine größte Kraft war mein christlicher Glaube. Kurz vor meinem Abitur war mein Papa, mein größter Unterstützer und Vorbild verstorben. Ich habe mich dann erinnert, dass ich meinem Papa versprochen habe, dass ich nie aufgeben werde. Außerdem bin ich die Einzige in meiner Familie, die es so weit geschafft hat. Ich konnte es mir also nicht leisten, zu versagen. Also bin ich mit meinem Glauben an Gott und an mich selbst aufgestanden und habe die Türen mit Gewalt geöffnet.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen mit auf den Weg geben, die von einer Karriere als in der Entwicklungszusammenarbeit träumen?

Viele Wege können zu einer Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit führen. Eine solide Grundausbildung bzw. -Studium gibt dir die notwendige Fachkompetenz, um in den verschiedenen Themenbereichen arbeiten zu können. Darüberhinaus und am wichtigsten ist der Glaube an sich selbst die wichtigste Voraussetzung, um beruflich Fuß zu fassen und sich zu behaupten. Denn nichts ist unmöglich, wenn du an deine Stärke und Fähigkeiten fest glaubst. Gib immer dein Bestes und lass dich von niemanden runterziehen! Sei außerdem bereit, deine Komfortzone zu verlassen.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben – Was hält Sie fit?

Um physisch und mental fit zu bleiben höre ich sehr viel Gospel-Musik, meditiere ich und mache ich ein Mal die Woche (so lange ich Zeit habe) Yogagymnastik.

Am Tag 3 unserer Kampagne stellen wir Malehlohonolo Romdhani vor:

„Just do it!“

Wenn Du eine Idee hast, denke nicht zu lange nach, sondern packe es an und sei dabei stets zielstrebig!

                                   Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Malehlohonolo Romdhani

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Ich heiße Malehlohonolo Romdhani und bin Juristin sowie Unternehmerin. Ursprünglich komme ich aus Lesotho, einem kleinen Königreich innerhalb Südafrikas. Ich bin verheiratet und habe einen Sohn. Nach meiner Schulzeit absolvierte ich Bachelorstudium in Physiotherapy an der Universität Kapstadt. Kurz nach Beginn meines ersten Jobs verletzte ich mich schwer an der Hand und konnte den Beruf nicht mehr ausüben. Daher musste ich mich neu orientieren und entschied mich dazu, Jura zu studieren. Ich erwarb meinen Bachelor an der Universität Kapstadt.

Im Jahr 2009 wanderte ich nach Deutschland aus, wo ich meinen Master of Law mit Spezialisierung auf IT-Recht absolvierte. Was mich in meinem Leben bisher besonders geprägt hat, oder besser gesagt, was mich ausgezeichnet hat, ist mein Geschäftssinn. Schon von Kindesbeinen an hatte ich immer Ideen und betrieb kleine Geschäfte. Diese Eigenschaft führte schließlich zu meinem aktuellen Start-up für natürliche Haarpflegeprodukte für Afrohaare.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Meine Berufswahl für meinen Hauptjob als Juristin geht auf eine pragmatische Entscheidung zurück. Wie oben schon erwähnt, habe ich mich nach der Schule zunächst für den Beruf der Physiotherapeutin begeistert. Nachdem ich aufgrund einer irreparablen Handverletzung diesen Beruf nicht mehr ausüben konnte, musste ich mich neu orientieren. Das Jurastudium erschien mir als die Option mit vielfältigen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt an. Was meine andere Aktivität als Entrepreneurin betrifft, so haben viele Faktoren dazu geführt.

Es begann bereits in meiner Jugend, als ich begann, die gängigen Schönheitsideale, die glattes Haar bevorzugen, zu hinterfragen. Als Kind haben wir unsere Haare mit chemischen Produkten geglättet, auch weil glattes Haar als pflegeleichter und schöner angesehen wurde. Jedoch enthalten diese Produkte oft gesundheits-schädliche Inhaltsstoffe. Gleichzeitig stellte ich fest, dass es in Deutschland kaum hochwertige Pflegeprodukte für meinen Haartyp gab. Insbesondere nach der Geburt meines Kindes wollte ich auf keinen Fall die gängigen Markenprodukte verwenden, da ich ständig Kopfhaut Irritation und schuppen bekommen hatte. Deshalb begann ich in meiner Küche Haarpflege Produkte und Pflegeöle für den Eigenbedarf herzustellen. Da habe ich die Wirkung von Moringaöl entdeckt. Es hat meine Kopfhaut-Probleme gelindert. Es dauerte nicht lange, bis ich beschloss, diese Produkte mit Moringaöl auch anderen zugänglich zu machen. Es war offensichtlich, dass es eine Marktlücke gab, und ich empfand eine Art Verpflichtung, meine Lösung nicht für mich allein zu behalten. So entstand Zamata Cosmetics (https://zamatacosmetics.com/).

  • Wie fanden Sie die Ausbildung? Welche Erinnerungen haben sie an die Ausbildungszeit?

Mein Jurastudium absolvierte ich in zwei Phasen. Den Bachelor-Abschluss erwarb ich in Südafrika, während ich das Masterstudium in Deutschland absolvierte. Es war eine äußerst interessante Zeit, die zwar mit anfänglichen sprachlichen Herausforderungen verbunden war, aber das Studium an sich hat mir großen Spaß gemacht. Besonders faszinierend war die Tatsache, dass es sich um ein Europa-Programm handelte, das mir ermöglichte, ein Semester in Stockholm, Schweden, zu studieren. Meine Masterarbeit verfasste ich dann in der Rechtsabteilung bei Volkswagen, wo ich seit meinem Abschluss in verschiedenen Abteilungen tätig im Einsatz bin. Für meine Tätigkeit als Unternehmerin ist es größtenteils ein Learning-on-the-Job-Prozess, obwohl mir mein Jurastudium dabei sehr zugutekommt.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Nach meinem Studium konnte ich direkt beim Arbeitgeber, bei dem ich meine Masterarbeit verfasst hatte, eine Stelle als Doktorandin erhalten. Dadurch verlief der Übergang zum Arbeitsmarkt ziemlich nahtlos. Natürlich gab es hier und da Herausforderungen, aber sie sind Teil des Weges und dazu da, damit wir über uns hinauswachsen und uns weiterentwickeln. Meine Offenheit und Zielstrebigkeit haben mir immer geholfen, diese Herausforderungen zu meistern. Mit meinem Naturkosmetik-Geschäft begegnen mir andere, vielfältigere Herausforderungen. Zum Beispiel hatte ich große Schwierigkeiten, Partner für die Herstellung meiner Produkte zu finden. Viele meiner Kooperationsanfragen stießen auf Skepsis und Ablehnung. Doch ich ließ mich davon nicht demotivieren und letztendlich gelang es mir, einen guten Partner zu finden, der meine Idee sehr gut verstand. Resilienz ist auch eine wichtige Qualität, wenn man ein Unternehmen gründet und erfolgreich führen will.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen mit auf den Weg, die von einer Karriere als Juristin träumen oder ein Geschäft aufziehen möchten?

Überlege nicht zu lange, wenn du eine Idee oder ein Projekt hast. Lege los und sei stets neugierig und offen für Veränderungen. Die Welt braucht Menschen mit Ideen, und wenn du ein Problem erkennst und eine Lösung dafür findest, betrachte es als deine Bestimmung, es auszuprobieren. Vielleicht hast du nicht alle nötigen Kenntnisse, um es umzusetzen, aber mit Bildung kannst du viel erreichen. Mir hat es sehr geholfen, mich von kompetenten und vertrauenswürdigen Menschen in relevanten Fachgebieten zu umgeben. Du bist nicht allein. Finde Mitstreiter, die mit dir gehen und dich unterstützen. Auf deinem Weg wirst du viel über dich selbst lernen, auch über die weniger schönen Seiten. Lass es zu, denn nur so kannst du besser werden.

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben – was hält Sie fit und fokussiert?

Ich arbeite sehr viel und durch die zwei Tätigkeiten muss ich sehr diszipliniert und strukturiert sein.  Außerdem achte ich sehr auf einen gesunden Lebensstil. Ich mache viel Sport und bin leidenschaftliche Podcast-Zuhörerin. Ich kann dabei immer sehr gut abschalten und mich bilden.

Am Tag 2 der Kampagne in Niedersachsen stellen wir Ihnen die Margareth Jean Louis vor

„Kämpfe für Deine Träume und gib niemals auf! Denn es gibt einen Grund, warum Du diesen Traum hast.“

                                                                Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Margareth Jean Louis

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Margareth Jean Louis, ich stamme ursprünglich aus Haiti und lebe seit meinem neunzehnten Lebensjahr mit einer dreijährigen Unterbrechung in Deutschland. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Von Beruf bin ich Friseurmeisterin, und ich führe seit vielen Jahren erfolgreich meinen eigenen Salon. Der Umzug nach Deutschland hat mich stark beeindruckt. Obwohl es ursprünglich nur als kurzer Aufenthalt geplant war, entschied ich mich recht bald dazu, hier zu bleiben, um mich von meinen Eltern zu emanzipieren. Doch dann traf mich der Kulturschock. Ich lebte in einem Dorf im Emsland und musste gleichzeitig zwei neue Sprachen lernen, Deutsch und Plattdeutsch. Ich litt schnell unter Heimweh und war kurz davor, zurückzukehren. Trotzdem entschied ich mich letztendlich dafür zu bleiben und begann eine Ausbildung. Besonders befremdlich empfand ich die mangelnde Unterstützung seitens der Arbeitsverwaltung. Zu dieser Zeit war ich bereits Mutter einer kleinen Tochter, und überall hieß es: „Warum willst du arbeiten, du hast doch einen Mann.“ Diese Reaktionen schockierten mich zutiefst, denn in meiner Heimat war Mutterschaft kein Hindernis für berufliche Tätigkeiten. In meiner Sozialisation war es selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten und finanziell unabhängig waren. Diese Erfahrungen machten mich wütend und bestärkten mich darin, mich nicht demotivieren zu lassen.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Schon als kleines Mädchen wollte ich Friseurin werden. Auf meiner Liste standen drei Optionen: Friseurin, Krankenschwester und Hotelfachfrau. Letzteres lässt sich nur sehr schwer mit einer Familie vereinbaren, deshalb habe ich es für mich ausgeschlossen. Krankenschwester war eigentlich der Wunsch meiner Eltern und da ich als Teenager ziemlich gegen sie rebelliert habe, war auch diese Option vom Tisch. So blieb nur noch der Beruf der Friseurin, der sowieso meine erste Wahl war. Um eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu haben, brauchte ich einen deutschen Schulabschluss, denn mein mitgebrachtes Zeugnis zählte hier nicht. Ich habe meinen Realschulabschluss nachgeholt und mich erfolgreich um einen Ausbildungsplatz beworben.

  • Wie blicken Sie auf Ihre Ausbildungszeit zurück? Wie haben Sie die Ausbildung empfunden?

Die Ausbildungszeit war leider eine äußerst schmerzhafte Erfahrung für mich. Kurz nach Beginn der Ausbildung begannen einige meiner Kollegen, mich wegen meiner Herkunft zu mobben. Sie machten sich über meine in ihren Augen unzureichenden Sprachkenntnisse lustig und behaupteten, dass man sich mit mir nicht verständigen könne. Die Situation verschärfte sich, bis meine Chefin, mit der ich anfangs gut ausgekommen war, sich nach Ablauf der Probezeit von mir trennen wollte. Als mir ein Aufhebungsvertrag angeboten wurde, lehnte ich dies jedoch entschieden ab, was den Zorn meiner Kollegen und Vorgesetzten auf mich zog. Ich wurde ausgegrenzt und gemobbt. Trotz allem entschied ich mich dazu, in der Ausbildung zu bleiben und sie erfolgreich abzuschließen, was mir letztendlich auch gelang.

  • War es schwierig für Sie, einen Job zu finden? Und wie sind Sie zu Ihrem Meister gekommen? Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem bisherigen Berufsweg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu meistern?

Nach meiner Ausbildung fand ich sofort eine Anstellung in einem renommierten Salon, wo ich meine Arbeit sehr genoss und alles reibungslos lief. Nach einigen Jahren strebte ich natürlich nach mehr: einer besseren Position, höherem Gehalt und vor allem nach flexibleren Arbeitszeiten, besonders da ich kleine Kinder hatte und es herausfordernd war, die regulären Arbeitszeiten mit der Familienzeit zu vereinbaren. Ich begann darüber nachzudenken, selbstständig zu werden, und die Frage nach dem Meisterbrief kam schnell auf. Ich traf die Entscheidung und teilte sie meinem Arbeitgeber mit, was nicht gut aufgenommen wurde. Warum sollte ich als Mutter mir so etwas antun? Mein Chef und meine Kollegen schienen es anmaßend zu finden, dass ich, die unauffällige schwarze Friseurin mit dem starken ausländischen Akzent, solchen Ehrgeiz hatte. Nicht nur, dass sie mir nicht zutrauten, es wahrscheinlich hielten sie es auch für größenwahnsinnig. Das hat mich enttäuscht und gleichzeitig motiviert. Ich nahm mir fest vor, diesen Weg zu gehen und mich von nichts und niemandem demotivieren zu lassen. Ich hatte viel Stress von allen Seiten und wenig Unterstützung von zu Hause. Als ich die Meisterprüfung nicht bestand, war ich kurz davor aufzugeben. Aber die Vorstellung, meinen Traum von der Selbstständigkeit aufzugeben, gab mir die Kraft, weiterzumachen. Ich hatte bereits meinen ersten Salon eröffnet und freute mich trotz des enormen Drucks auf meinen „eigenen Baby“. Einen Weg zurück konnte ich mir nicht vorstellen. Also fing ich wieder an und kämpfte weiter. Ich war die einzige schwarze Meisterin meines Jahrgangs, und das erfüllt mich bis heute mit Stolz.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die davon träumen, Salonbesitzerin zu werden und ihren Meister zu machen?

Niemals aufgeben! Das war und ist mein Credo. Nur du kannst deine Träume und Wünsche verwirklichen! Sie sind aus einem bestimmten Grund, dir erschienen und nur du kannst sie realisieren. Bei allem, was ich angepackt habe, gab es immer so viele Hürden, es wurden mir sogar Steine in den Weg gelegt. Hätte ich alles zu leicht aufgegeben, wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Was mir bei diesen Herausforderungen immer geholfen hat, war das Wissen um meine Rechte und Pflichten. Du hast Rechte. Informiere dich darüber und fordere sie ein!

Am Tag 1 unserer Kampagne in Niedersachsen, stellen wir Ihnen Priscah Habben vor:

„Vertraue der Expertin in Dir! Sie ist Dein Anker und lässt Dich authentisch und sicher auftreten.“

                                                                 Bild @ Nicole Benewaah

Interview mit Priscah Habben

  • Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?

Mein Name ist Priscah Habben und ich bin Psychologin von Beruf. Ich stamme ursprünglich aus Kenia und lebe seit 2005 in Deutschland. Geprägt haben mich sowohl besondere Ereignisse als auch Begegnungen. Der Umzug nach Deutschland war für mich als junges, schüchternes Mädchen aus einfachen Verhältnissen natürlich ein großer Schritt. Doch wenn ich weit zurück in meine Kindheit blicke, erinnere ich mich an einen Traum, den ich als vier- vielleicht fünfjähriges Mädchen hatte und der wohl am prägendsten für meine Berufswahl war. Dazu später mehr. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch ein Familienaufenthalt bei einer entfernten Tante. Sie kannte mich kaum, doch sie machte meinen Eltern klar, dass man die kleine, unscheinbare Priscah keinesfalls unterschätzen dürfe. Diese Erfahrung hat mich gestärkt.

  • Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Das geht auf meine Kindheit zurück. Als ich ca. fünf Jahre alt war, hatte ich einen Traum. In diesem Traum waren meine Familie und ich auf einer wunderschönen Reise. Als ich erwachte, erzählte ich meinem Bruder von diesem Traum, konnte mich jedoch nicht mehr an das Reiseziel erinnern. Ich bat ihn, es mir zu sagen, da er auch in meinem Traum war, aber er antwortete, dass mein Traum nur mir gehörte und wenn ich ihn nicht erzählen könnte, würde niemand davon erfahren. Von diesem Moment an verspürte ich den starken Wunsch, anderen zu helfen, das auszudrücken, was in ihnen schlummerte; der Wunsch, Menschen zu helfen, ihre Sprache zu finden und sich mitzuteilen, keimte in mir und begleitete mich mein ganzes Leben lang. Welches Berufsbild passte besser zu diesem Wunsch als das der Psychologin? So kam es dazu.

  • Wie fanden Sie die Ausbildung? Welche Erinnerungen haben sie an die Ausbildungszeit?

Meine Ausbildungszeit bestand aus zwei Phasen: Zunächst musste ich die Hochschulzugangsberechtigung am Studienkolleg erlangen, bevor ich mit dem Psychologiestudium beginnen konnte. Diese Zeit war herausfordernd, da ein Dozent den Studierenden das Leben schwer machte und mich dazu brachte, aus pragmatischen Gründen meine Fächerkombination zu ändern. Das Psychologiestudium verlief dagegen, abgesehen von den anfänglichen Sprachschwierigkeiten, sehr gut. Ich war äußerst motiviert und engagiert, und das Studium bereitete mir wirklich Freude, weil ich die Inhalte erlernen konnte, die ich mir immer gewünscht hatte.

  • War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Was waren die größten Herausforderungen beim Berufseinstieg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu überwinden?

Nach meiner Ausbildung hatte ich keine Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Ich konnte mich stets durch meine Leistungen empfehlen, vom Praktikum zum ersten Job und dann zum nächsten. Allerdings machte mir anfangs eine Sache Sorgen: Ich fürchtete, dass einige Klienten mich aufgrund meiner Hautfarbe nicht akzeptieren würden, denn als Psychologin dringt man in die Intimsphäre der Menschen ein, die man begleitet. Doch bisher hat alles gut funktioniert, vor allem, weil ich beschlossen habe mich und meine Klienten als Menschen zu sehen und nicht als (haut) Farbe. Mit dieser Einstellung und die Unterstützung meiner Vorgesetzten, Kollegen und Familie, bin ich gut gefahren.

  • Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die von einer Karriere als Psychologin träumen?

In meiner aktuellen Funktion als Betriebspsychologin habe ich hauptsächlich mit Führungskräften zu tun, oft selbstbewussten Personen. Wenn man bedenkt, wo ich geboren und aufgewachsen bin, reicht Mut allein nicht aus, um sich in solchen Kreisen zu behaupten. Das Erlangen von Bildung und Kompetenz ist unabdingbar. Ich verlasse mich stets auf mein Fachwissen und meine Kompetenz, die ich immer erweitere und aktualisiere, was mir das nötige Selbstvertrauen verleiht, um entsprechend aufzutreten. Für mich ist es entscheidend, dass alles, was ich tue, mit dem Anspruch erfolgt, darin eine Expertin zu sein, ohne meine Authentizität zu verlieren. Auf diese Expertise kann ich mich stets verlassen. Mein Rat an junge Frauen und Menschen wäre daher, Expertin auf dem eigenen Gebiet zu werden und dem Fachwissen, das man besitzt, zu vertrauen und stets authentisch zu sein. Werde zur Expertin auf deinem Gebiet und vertraue der Expertin in dir!

  • Was machen Sie neben Ihrem Beruf, um in Balance zu bleiben; was hält Sie fit und konzentriert?

Nun, ich habe das Glück, einen Beruf zu haben, der mir Spaß macht und mich begeistert. Da fällt es mir nicht schwer, mich zu motivieren. Dennoch ist es wichtig, bei meinem Arbeitspensum darauf zu achten, dass ich körperlich fit bleibe. Wie viele andere treibe ich regelmäßig Sport und halte mich an ein festes wöchentliches Fitnessprogramm. Zusätzlich gönne ich mir regelmäßig Auszeiten allein, mit meiner Familie oder mit Freunden. Besonders effektiv kann ich im Alltag abschalten, indem ich mich mit einem spannenden Buch, Hörbuch oder Podcast beschäftige oder Musik höre.

Am Tag 10 unserer Kampagne in Bremen, stellen wir Ihnen Jasmin Osei Kuffour vor:

Lass Dich nicht so schnell entmutigen

Interview mit Jasmin Osei Kuffour

Können Sie sich bitte in wenigen Worten vorstellen?

Ich bin 31 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Geboren und aufgewachsen bin ich in Bremen. Zusammen mit meinem Mann und meiner Mutter als Köchin führe ich ein Restaurant in Bremen. Wir bieten südafrikanische und ghanaische Küche an. Die Rezepte stammen alle von meiner Mutter.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Restaurant zu eröffnen?

Die Idee kam, weil meine Mutter generell viel gekocht hat. Sie hat in der ghanaischen Gemeinschaft oder in der westafrikanischen Gemeinschaft in Bremen Catering gemacht. Sie hat diese Arbeit sehr gut gemacht, aber es hat meistens an der Bezahlung gehapert. Es war eher die Leidenschaft, die dahintersteckte. Mit dem Job, den ich hatte, war ich damals nicht mehr zufrieden. Eigentlich bin ich gelernte Zahnarzthelferin. Mein Mann war Lehramtsstudent und war zu der Zeit auch nicht ganz zufrieden mit seinem Studium. Und dann führte das eine zum anderen, dass wir einen Businessplan gemacht haben. Im Sommer 2019 haben wir mit dem Catering begonnen. Dann haben wir nach einem Standort gesucht. Den haben wir ziemlich schnell gefunden. Das Restaurant Mataa’s Kitchen wurde Ende Oktober 2019 eröffnet.

Beschreiben Sie Ihren typischen Tag im Restaurant

Morgens geht es eigentlich schon los. Meistens bin ich gegen 8 Uhr da, denn wir haben einen zweiten Standort in der Markthalle 8 in Bremen und einen dritten in der Markthalle Core in Oldenburg. Für diese beiden Standorte gibt es ein Mittagsgeschäft und dafür muss natürlich gekocht werden. Ich koche also für diese beiden Standorte vor. Das wird entweder von meinem Mann geliefert oder von meinem Kollegen, der in Oldenburg arbeitet, abgeholt.  Das ist sozusagen meine Schicht. Die zweite Schicht übernimmt meine Mutter, die dann kocht, wenn in der Markthalle 8 in Bremen etwas nachgeliefert werden muss.  Dann haben wir noch unsere Servicekräfte, die im Hintergrund das Essen vorbereiten. Wir haben auch einen Lieferservice mit eigenen Lieferwagen. Das Essen kann über unseren Onlineshop oder über Seiten wie zum Beispiel Lieferando bestellt und geliefert werden.

Gab es Schwierigkeiten, als Sie mit dem Projekt begonnen haben?

Ja, natürlich. Am Anfang gab es finanzielle Schwierigkeiten. Wir haben viel gespart und alles aus eigenen Mitteln bezahlt. Dann kam der Start. Der Ansturm war schon heftiger, als wir uns vorgestellt hatten. Es war zwar echt schön und cool, dass der Andrang so groß war, aber zum Teil ist man einfach nicht mithalten. Die Leute waren alle neugierig. Wir haben das Marketing technisch sehr gut auf den Weg gebracht. Es war also notwendig, dass wir eine gute Leistung erbringen. Und meine Tochter war noch ganz klein. Das war natürlich nicht so einfach.

Waren Sie schon einmal so entmutigt, dass Sie aufgeben wollten?

Ich sage immer, wenn wir fallen, dann stehen wir auch wieder auf. Natürlich gab es Momente, in denen ich mich gefragt habe, was ich eigentlich mache, warum ich mir das antue und ob es nicht einfacher wäre, von 9 bis 17 Uhr arbeiten zu gehen und dann nach Hause zu fahren. Aber es gab auch sehr oft diese großartigen Momente, wo die Kunden es wirklich schön fanden, was wir geschafft haben. Es ist auch ein tolles Gefühl, wenn man seinen Lebenstraum verwirklicht und eine Erfüllung im Leben gefunden hat. Wir sind die erste Generation von unseren Eltern, die aus Afrika gekommen ist, die die Sprache beherrschen und damit etwas aufbauen können. Unsere Eltern haben die Basis gelegt. Wir können wachsen und unsere Kinder können noch mehr daraus machen.

Wie und woher haben Sie die Motivation und die Kraft genommen, trotz der Schwierigkeiten weiterzumachen?

Meine ganze Familie ist sehr religiös. Meine Kraft, meine Stärken und meine Antworten finde ich bei Gott. Meine Mutter betet immer zu Beginn und am Ende der Arbeit. Sie betet für die Mitarbeiter, für uns und für die Kunden. So ist es auch bei mir. Ohne das wüsste ich nicht, wo ich heute im Leben stünde und wie Mataa’s Kitchen weiter existieren könnte. Meine Mutter hat mich viel inspiriert. Ich weiß jedenfalls, dass ich in dem Alter, in dem meine Mutter jetzt ist, und wie stark sie ist und was sie alles macht, auch so sein möchte.

Mein kleiner Bruder war auch im Team am Anfang und hat uns sehr geholfen. Ich glaube, ohne ihn hätten wir es nicht geschafft. 

Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass ich sehr stark bin und viel kann. Und so bin ich durchs Leben gegangen. Der Traum und die Motivation sind, dass wir mehrere Franchise-Unternehmen haben und nicht mehr selbst da sein müssen, sondern einfach die Chefs sind. Wir wollen Unternehmer sein und nicht mehr nur Selbstständige. Wir werden natürlich auch Interessen oder Investoren suchen müssen.

Welche Botschaft würden Sie der jungen Frau, die Sie vor einigen Jahren waren, mit auf den Weg geben, wenn Sie sie heute treffen würden?

Alles ist gut. Verstelle nie Deine Persönlichkeit. Du kannst im Leben viel erreichen. Versuche immer das zu erreichen, was Du erreichen willst. Lass Dich nicht so schnell entmutigen. Lass Dich nicht klein machen. Vor ein paar Jahren hätte ich mir das alles noch nicht im Traum vorstellen können. Aber dass mehr in mir steckt, habe ich immer gewusst.