„Kämpfe für Deine Träume und gib niemals auf! Denn es gibt einen Grund, warum Du diesen Traum hast.“
Bild @ Nicole Benewaah
Interview mit Margareth Jean Louis
- Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?
Mein Name ist Margareth Jean Louis, ich stamme ursprünglich aus Haiti und lebe seit meinem neunzehnten Lebensjahr mit einer dreijährigen Unterbrechung in Deutschland. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Von Beruf bin ich Friseurmeisterin, und ich führe seit vielen Jahren erfolgreich meinen eigenen Salon. Der Umzug nach Deutschland hat mich stark beeindruckt. Obwohl es ursprünglich nur als kurzer Aufenthalt geplant war, entschied ich mich recht bald dazu, hier zu bleiben, um mich von meinen Eltern zu emanzipieren. Doch dann traf mich der Kulturschock. Ich lebte in einem Dorf im Emsland und musste gleichzeitig zwei neue Sprachen lernen, Deutsch und Plattdeutsch. Ich litt schnell unter Heimweh und war kurz davor, zurückzukehren. Trotzdem entschied ich mich letztendlich dafür zu bleiben und begann eine Ausbildung. Besonders befremdlich empfand ich die mangelnde Unterstützung seitens der Arbeitsverwaltung. Zu dieser Zeit war ich bereits Mutter einer kleinen Tochter, und überall hieß es: „Warum willst du arbeiten, du hast doch einen Mann.“ Diese Reaktionen schockierten mich zutiefst, denn in meiner Heimat war Mutterschaft kein Hindernis für berufliche Tätigkeiten. In meiner Sozialisation war es selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten und finanziell unabhängig waren. Diese Erfahrungen machten mich wütend und bestärkten mich darin, mich nicht demotivieren zu lassen.
- Warum haben Sie diesen Beruf gewählt?
Schon als kleines Mädchen wollte ich Friseurin werden. Auf meiner Liste standen drei Optionen: Friseurin, Krankenschwester und Hotelfachfrau. Letzteres lässt sich nur sehr schwer mit einer Familie vereinbaren, deshalb habe ich es für mich ausgeschlossen. Krankenschwester war eigentlich der Wunsch meiner Eltern und da ich als Teenager ziemlich gegen sie rebelliert habe, war auch diese Option vom Tisch. So blieb nur noch der Beruf der Friseurin, der sowieso meine erste Wahl war. Um eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu haben, brauchte ich einen deutschen Schulabschluss, denn mein mitgebrachtes Zeugnis zählte hier nicht. Ich habe meinen Realschulabschluss nachgeholt und mich erfolgreich um einen Ausbildungsplatz beworben.
- Wie blicken Sie auf Ihre Ausbildungszeit zurück? Wie haben Sie die Ausbildung empfunden?
Die Ausbildungszeit war leider eine äußerst schmerzhafte Erfahrung für mich. Kurz nach Beginn der Ausbildung begannen einige meiner Kollegen, mich wegen meiner Herkunft zu mobben. Sie machten sich über meine in ihren Augen unzureichenden Sprachkenntnisse lustig und behaupteten, dass man sich mit mir nicht verständigen könne. Die Situation verschärfte sich, bis meine Chefin, mit der ich anfangs gut ausgekommen war, sich nach Ablauf der Probezeit von mir trennen wollte. Als mir ein Aufhebungsvertrag angeboten wurde, lehnte ich dies jedoch entschieden ab, was den Zorn meiner Kollegen und Vorgesetzten auf mich zog. Ich wurde ausgegrenzt und gemobbt. Trotz allem entschied ich mich dazu, in der Ausbildung zu bleiben und sie erfolgreich abzuschließen, was mir letztendlich auch gelang.
- War es schwierig für Sie, einen Job zu finden? Und wie sind Sie zu Ihrem Meister gekommen? Was waren die größten Herausforderungen auf Ihrem bisherigen Berufsweg und woher nahmen Sie die Kraft und Motivation, diese zu meistern?
Nach meiner Ausbildung fand ich sofort eine Anstellung in einem renommierten Salon, wo ich meine Arbeit sehr genoss und alles reibungslos lief. Nach einigen Jahren strebte ich natürlich nach mehr: einer besseren Position, höherem Gehalt und vor allem nach flexibleren Arbeitszeiten, besonders da ich kleine Kinder hatte und es herausfordernd war, die regulären Arbeitszeiten mit der Familienzeit zu vereinbaren. Ich begann darüber nachzudenken, selbstständig zu werden, und die Frage nach dem Meisterbrief kam schnell auf. Ich traf die Entscheidung und teilte sie meinem Arbeitgeber mit, was nicht gut aufgenommen wurde. Warum sollte ich als Mutter mir so etwas antun? Mein Chef und meine Kollegen schienen es anmaßend zu finden, dass ich, die unauffällige schwarze Friseurin mit dem starken ausländischen Akzent, solchen Ehrgeiz hatte. Nicht nur, dass sie mir nicht zutrauten, es wahrscheinlich hielten sie es auch für größenwahnsinnig. Das hat mich enttäuscht und gleichzeitig motiviert. Ich nahm mir fest vor, diesen Weg zu gehen und mich von nichts und niemandem demotivieren zu lassen. Ich hatte viel Stress von allen Seiten und wenig Unterstützung von zu Hause. Als ich die Meisterprüfung nicht bestand, war ich kurz davor aufzugeben. Aber die Vorstellung, meinen Traum von der Selbstständigkeit aufzugeben, gab mir die Kraft, weiterzumachen. Ich hatte bereits meinen ersten Salon eröffnet und freute mich trotz des enormen Drucks auf meinen „eigenen Baby“. Einen Weg zurück konnte ich mir nicht vorstellen. Also fing ich wieder an und kämpfte weiter. Ich war die einzige schwarze Meisterin meines Jahrgangs, und das erfüllt mich bis heute mit Stolz.
- Was würden Sie jungen schwarzen Frauen raten, die davon träumen, Salonbesitzerin zu werden und ihren Meister zu machen?
Niemals aufgeben! Das war und ist mein Credo. Nur du kannst deine Träume und Wünsche verwirklichen! Sie sind aus einem bestimmten Grund, dir erschienen und nur du kannst sie realisieren. Bei allem, was ich angepackt habe, gab es immer so viele Hürden, es wurden mir sogar Steine in den Weg gelegt. Hätte ich alles zu leicht aufgegeben, wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Was mir bei diesen Herausforderungen immer geholfen hat, war das Wissen um meine Rechte und Pflichten. Du hast Rechte. Informiere dich darüber und fordere sie ein!