„Du musst zuerst an Dich selbst und an Deine Ziele glauben.“
Interview mit Dr. Christelle Njiki Noufélé
Dr. Christelle Njiki Noufélé, können Sie sich in wenigen Worten vorstellen?
Mein Name ist Dr. Christelle Njiki Noufélé. Ich bin in Kamerun geboren und aufgewachsen. Ich kam 2003 im Alter von 17 Jahren nach Deutschland, um mein Studium fortzusetzen. Ich studierte Chemie und spezialisierte mich auf Radiochemie, die Chemie radioaktiver Elemente. Heute lebe ich mit meiner Familie in Berlin, bin Mutter von 3 Kindern und arbeite in der Firma Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH wo ich das Radiopharmazie-Labor leite. Ich engagiere mich außerdem in der afrikanischen Gemeinschaft in Berlin, um dieser Community zu helfen, das deutsche Bildungs- und Hochschul-System besser zu verstehen, insbesondere indem ich junge Mädchen unterstütze, die Orientierung und Selbstvertrauen brauchen, um in ihrer beruflichen Karriere erfolgreich zu sein.
Warum haben Sie sich für ein Chemiestudium entschieden? Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Es war wirklich ein Zufall. Ich habe die Chemie nicht besonders geliebt, aber ich habe sie auch nicht gehasst. In der High School war ich mehr an Mathematik interessiert. Ich wollte also Mathematikerin werden, weil ich es liebe, Probleme zu analysieren und zu lösen. Mathematik schien also das ideale Fach für mich zu sein. Nach dem Abitur, ein paar Monate nach meiner Ankunft in Deutschland, musste ich die Sprachprüfung ablegen, die für ein Studium an der Universität obligatorisch ist. Damals musste man einen positiven Bescheid für einen Studienplatz haben, vorbehaltlich des Bestehens der Sprachprüfung, um zur Sprachprüfung zugelassen zu werden. Also bewarb ich mich für einen Studienplatz in Chemie an der Freien Universität Berlin und für Mathematik in Potsdam. Am Ende entschied ich mich, nach Rücksprache mit meinen Schwestern, für den damals neue-eingeführten Bachelor-Abschluss in Chemie an der FU Berlin.
Wie haben Sie sich an das neue Universitätssystem angepasst?
Das Bachelorstudium war extrem schwierig. Obwohl ich gut in Sprachen war und hervorragende Ergebnisse in der Schriftsprache hatte, hatte ich anfangs große Sprachschwierigkeiten mit technischen Worten. Das Deutsch, das ich im Sprachunterricht gelernt hatte, war für den Austausch über allgemeine Themen geeignet, aber nicht wirklich für das Studium in Chemie. Abgesehen von den Sprachschwierigkeiten hatte ich noch nie in meinem Leben ein Chemie-Labor besucht. Begriffe wie Erlenmeyer-Kolben oder Rückflusskochen waren für mich, trotz Übersetzung auf Französisch, meiner Muttersprache, extrem schwierig einzuordnen. Für mich war also alles neu. Und natürlich die Einsamkeit, wenn man von den Eltern, Freunden und der Familie im Allgemeinen getrennt ist.
Was war Ihre größte Herausforderung während Ihres Studiums?
Abgesehen von der Tatsache, dass ich manchmal die einzige Schwarze in meiner Fakultät war, hatte ich vor allem Schwierigkeiten mit der Ausländerbehörde. Im Jahr 2007 wurde mein Antrag auf Verlängerung des Studentenvisums mit der Begründung abgelehnt, dass die mir verbleibende Zeit bis zum Abschluss meines Studiums zu lang sei. Ich verließ das Büro unter Tränen und unter Schock, ich war gerade einmal 22 Jahre alt. Ich verstand den Grund für diese Ablehnung nicht, da ich in meinem Studium normal vorankam, manchmal sogar besser als einige Einheimische. Ich musste einen Anwalt beauftragen, um meinen Fall zu verteidigen, und schließlich wurde mein Visum verlängert. Zum Glück geschah dies noch rechtzeitig, denn eines Tages kam die Polizei, die nicht wusste, dass mein Antrag bereits angenommen worden war, zu mir nach Hause, um mich nach Kamerun abzuschieben.
Woher haben Sie die Kraft und den Mut genommen, all diese Herausforderungen zu überwinden und Ihr Studium mit Bravour abzuschließen?
Wenn man weit weg von zu Hause ist, wenn man die seelische Last hat, zu wissen, dass seine Eltern sich geopfert haben, um man eine gute Ausbildung und Zukunft zu ermöglichen, hat man keine andere Wahl, als durchzuhalten und sie zu ehren. Entweder kämpft man oder man versagt. Ich hatte auch das Glück, dass mein Partner und meine ältere Schwester mich stets unterstützt haben.
Heute sind Sie Leiterin des radiopharmazeutischen Labors bei Vivantes in Berlin. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Arbeit in der Unternehmenswelt gemacht und wie schaffen Sie es, familiäre Verpflichtungen und Ihre Karriere zu vereinbaren?
Zuallererst muss man an sich selbst und an seine Ziele glauben. Als ich aus Kamerun kam, wusste ich nichts anderes, als dass ich hart arbeiten musste, um meine Ziele zu erreichen. Ich hatte das Glück, gut umgeben zu sein und einen Doktorvater zu haben, Prof. Dr. Ulrich Abram, dem ich meine Anerkennung ausspreche und der mich sehr unterstützt hat. Die Tatsache, dass ich während des Studiums meine Kinder bekommen habe, war rückblickend ein großer Vorteil, weil ich so flexibler war und keinen Leistungsdruck hatte, wie es in einem Unternehmen manchmal der Fall sein kann. Als ich meine berufliche Laufbahn begann, waren meine Kinder bereits ein wenig selbstständig, was vieles einfacher machte.
Was ist das Geheimnis Ihres beruflichen Erfolges und welchen Rat können Sie ein junges Mädchen geben, das die gleiche Karriere wie Sie anstrebt?
Mein Fachwissen auf meinem Gebiet ist meine Stärke. Ich habe alles getan, um sicherzustellen, dass mein Wissen nie in Frage gestellt wird, indem ich mich weiterbilde und Wissen anhäufe. Dadurch konnte ich alle kleinen Komplexe überwinden, die ich als schwarze Frau in einem Bereich hatte, in dem man hauptsächlich auf weiße Männer trifft. Das ist auch der Rat, den ich einem jungen Mädchen geben kann, das heute sein Studium oder seine berufliche Laufbahn beginnt. Man muss sich in seinem Beruf weiterbilden und sich anstrengen. Es gibt keinen Studiengang oder keine Ausbildung, bei der man gewinnt oder verliert. Die Arbeitswelt verändert sich ständig, und Du selbst bist Dein bestes Kapital. Das Wichtigste ist, dass man bei allem, was man tun möchte, sein Bestes gibt.