Arbeite an Deinen Schlüsselkompetenzen und vertraue stets Deinem Instinkt!
Bild @ Nicole Benewaah
Interview mit Brenda Davina
- Können Sie sich kurz vorstellen und einige besonders prägende Ereignisse oder Stationen in Ihrem bisherigen Leben nennen?
Mein Name ist Brenda Davina und ich bin in Hannover geboren und aufgewachsen. Meine Eltern stammen ursprünglich aus Ghana und ich bezeichne mich als Schwarze Deutsche. Ich bin Zwillingsmutter und lebe mit meiner Familie in Hannover. Von Beruf bin ich Sozial- und Bildungswissenschaftlerin und seit letztem Jahr als wissenschaftliche Koordinatorin für das Thema „Koloniales Erbe“ für die Landeshauptstadt Hannover tätig. In dieser Funktion verfolge und initiiere ich die Aufarbeitungsprozesse der kolonialen Bezüge der Stadt Hannover. In Kooperation mit dem Beirat „Dekolonisierendes Erinnerungskonzept“ soll ein gesamtgesellschaftlicher Prozess angestrebt werden, um zukünftig Rassismus besser zu bekämpfen und Strukturen für mehr Empowerment und Partizipation zu etablieren. Eine Sache, die mich besonders auszeichnet, ist die Liebe zu meiner Heimatstadt Hannover: Ich bin bekennende Hannoveranerin und kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben. In meinem bisherigen Leben haben mich viele Menschen, Erlebnisse und Erfahrungen inspiriert und nachhaltig geprägt. Wenn ich eins hervorheben sollte, dann diesen Satz, den ich in einer beruflichen Orientierungsphase gelesen habe und der mich über die Themen, mit denen ich mich bereits seit dem Studium und auch jetzt beruflich beschäftige, nachdenklich gemacht hat: „Man spricht über mich in Räumen, die ich noch nie betreten habe“. Es sagt viel über Partizipation und Repräsentation bestimmter Gruppen in unserer vielfältigen multiethnischen Gesellschaft aus und spielte eine sehr große Rolle in meiner beruflichen Orientierung.
- Wie kamen Sie zu diesem Beruf der Sozial- und Bildungswissenschaftlerin?
Zum Studium der Sozialwissenschaften bin ich durch Zufall gekommen. Wie viele junge Menschen wusste ich nach dem Abitur noch nicht genau, was ich werden wollte. Zuerst habe ich mich für ein technisch orientiertes Studium eingeschrieben. Das lief nicht so gut, denn neben den inhaltlichen Schwierigkeiten hatte ich Heimweh. Ich fühlte mich in der neuen Stadt und auf dem Campus nicht gut aufgenommen. Aus Spaß belegte ich einen Französischkurs an der Uni – Sprachen haben mich schon immer begeistert. In diesem Kurs lernte ich eine Studentin kennen, die mich zu den Sozialwissenschaften brachte. Sie studierte Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Interkulturalität, und genau diese Themen haben mich mein ganzes Leben begleitet. Ich leitete sofort die nötigen Schritte für den Studienfachwechsel ein. Es war gar nicht so einfach, einen Studienplatz zu bekommen, weil es ein NC-Fach war. Nach meinem Bachelor habe ich ein paar Jahre im sozialen Bereich gearbeitet und schnell festgestellt, dass ein Master mir bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt bieten würde. Ich hätte gerne an das Thema meiner Bachelorarbeit über die Lebenswelten und Erfahrungen Schwarzer Menschen in Hannover anknüpfen wollen, fand aber einen Master in Sozialwissenschaften nicht besonders attraktiv, weil zu theorielastig. Ich wollte einen praktischen Beitrag zur Aufklärung der Gesellschaft leisten, weg von der Opferrolle hin zur aktiven Gestaltung. So entschied ich mich den Master in Bildungswissenschaften.
- Wie blicken Sie auf die Ausbildungs- bzw. Studienzeit zurück?
Meine Studienzeit war ok, wobei ich die Bachelorphase eher als durchwachsen bezeichnen würde. Vor allem die Auswahl der Studierenden hat mich gestört, denn nicht nur, dass ich in meinem Jahrgang in einem Studienfach mit Schwerpunkt Interkulturalität die einzige schwarze Studentin war, hinzukam, dass einige Studierende aus meiner Sicht wenig interkulturelle Kompetenz besaßen. Nicht selten wurde ich mit klassischen, alltagsrassistischen Äußerungen konfrontiert, die mich dazu veranlassten, das Zulassungsverfahren in Frage zu stellen. Wie bereits erwähnt, fühlte ich mich nicht gut aufgenommen. Es dauerte eine Weile, bis ich Freunde fand und eine Lerngruppe bilden konnte. Das Masterstudium hingegen verging wie im Flug, ich war wieder zu Hause und fühlte mich wohler. Inhaltlich war es sehr anregend, es hat Spaß gemacht.
- War es für Sie schwierig, eine Stelle zu finden? Wie verlief Ihr Berufseinstieg?
Ein Professor hat uns im Bachelorstudium mal im Scherz gesagt, dass wir wahrscheinlich alle Taxifahrer werden. Soviel zu den prognostizierten Arbeitsmarktchancen für Soziolog*innen. Die Aussichten waren also nicht besonders vielversprechend. Nach dem Bachelorabschluss gab es durchaus Jobopportunitäten überwiegend mit Schwerpunkt in der sozialen Arbeit. Dies passte nicht ganz zu meinen Interessen und Vorstellungen. Ich machte dann noch den Master und arbeitete nach dem Masterabschluss einige Jahre freiberuflich als Bildungsreferentin. Ich habe Workshops bei Bildungsträgern gegeben, aber auch bei Institutionen wie der Polizei. Das war die Ebene, auf der ich agieren wollte. Diese Jobs haben auch auf einer ganz persönlichen Ebene dazu beigetragen, mein Auftreten zu verbessern. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich. Ich musste selbst-reflektiv erkennen, dass mein Umgang in den Konfliktsituationen in meinem vorherigen Job nicht gut war. Ich hätte für mich und meine Themen selbstbewusster eintreten müssen.
- Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die vielleicht überlegen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen?
Fachkompetenz allein reicht oft nicht aus, um beruflich erfolgreich zu sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein überzeugendes und sicheres Auftreten sowie Schlagfertigkeit zu den wichtigsten Softskills gehören, um sich im Berufsalltag zu behaupten, insbesondere als junge schwarze Frau. Die gute Nachricht ist, dass man diese Fähigkeiten trainieren kann, wenn sie bei einem nicht besonders ausgeprägt sind. Arbeite an deinen Soft Skills und vertraue deinem Instinkt! Dein Weg mag verschlungen und nicht geradlinig erscheinen, aber es ist dein Weg: „Trust the process!“