„Es gibt immer einen Weg zum gewünschten Erfolg.“

Interview mit Eli Huber-Faye

Können Sie sich in wenigen Worten vorstellen?

Mein offizieller Name ist Elif Huber, aber ich bevorzuge Eli und Huber-Faye. Ich bin queer und ziehe es vor keine Pronomen zu verwenden. Geboren bin ich in Deutschland. Meine Mutter kommt gebürtig aus Äthiopien und mein Vater ist deutsch-senegalesisch. Ich bin noch frische Ärzt*in, denn ich habe vor einem Jahr mein Studium abgeschlossen. Derzeit arbeite ich als Wissenschaftler*in an der Charité in Berlin in einer Forschungsgruppe für komplementäre und integrative Medizin. Ich bin dieser Gruppe durch meine Doktorarbeit über Akupunktur beigetreten. Außerdem habe ich auch den Verein „Black In Medicine“ mit aufgebaut.

Warum haben Sie sich für ein Medizinstudium entschieden? Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Generell war ich schon immer an vielen verschiedenen Dingen interessiert. Im Kindergarten und in der Grundschule wollte ich mal Tänzer*in werden, ich habe in der Schule viel Theater gespielt und wollte daher auch mal Schauspieler*in werden. Sehr kurz hatte ich auch mal an Anwält*in gedacht – meine Eltern sagten mir, dass ich immer Recht haben wollte (lacht) und dass ich gerne Menschen verteidigte, die meiner Meinung nach ungerecht behandelt wurden. Ich war einfach selbstbewusst. Obwohl ich mich zu verschiedenen Berufen hingezogen fühlte, wusste ich, dass ich etwas machen wollte, bei dem ich mit Menschen in Kontakt bin und mich sozial engagiere. Ich hatte die Möglichkeit, während meines Studiums ein Praktikum bei meiner Kinderärzt*in zu absolvieren, und es hat mir sehr gut gefallen. So wuchs in mir der Wunsch, Ärzt*in zu werden.

Was war Ihre größte Herausforderung während Ihres Studiums?

Als ich an der Universität anfing, war ich etwas zögerlich, weil ich mich fragte, ob das wirklich das ist, was ich machen will. Ich habe mir auch andere Fragen über mein eigenes Leben gestellt, die nichts mit dem Studium zu tun haben. Mit dem Eintritt in dem jungen Erwachsenenalter, hat man eine Menge Fragen. Das Medizinstudium ist so angelegt, dass es linear verläuft und viele Dinge auswendig gelernt werden müssen. Mein Gehirn und mein Verstand wollten nicht auf lineare Art und Weise arbeiten.

Woher haben Sie die Kraft und den Mut genommen, die Herausforderungen zu meistern, denen Sie gegenüberstanden?

Meine Eltern haben es immer geschafft, mir den Eindruck zu vermitteln, dass ich alles machen kann, was ich will, auch wenn sie selbst keine abgeschlossene akademische Ausbildung hatten. Meine Mutter hat zeitgleich mit mir angefangen nochmal zu studieren. Mein Vater ist absoluter Autodidakt. Sie haben mich immer in meinen Entscheidungen unterstützt und empowert. Und sie haben mir beigestanden, wenn es irgendwo den Anschein der Diskriminierung gab. Sie haben mich sehr beschützt. Da war ich sehr privilegiert. Ich hatte zwar keine Ärzt*inneneltern und habe neben dem Studium lange Zeit gearbeitet; aber meine Eltern haben mich stets unterstützt. An der Universität hat mir Sport geholfen, ein gewisses physisches und psychisches Gleichgewicht zu halten. Ich bin viel im Wald laufen gegangen. Außerdem waren im Studium alle am Struggeln und am Lernen. In meiner sozialen Gruppen haben wir wirklich zusammen gelernt und uns gegenseitig unterstützt; das hat mich letztlich auch sehr getragen.

Wer sind die Menschen, die Ihnen in Ihrer Karriere ein Vorbild waren?

Ohne zu zögern, meine Eltern. Meine Mutter ist eine echte Kämpferin mit einem großen Herzen. Und mein Vater ist einer der mutigsten Menschen, die ich kenne. Ich denke auch an die zwei Frauen, Darling Dafinone und Ngozi Odenigbo, die ich durch den von mir mitgegründeten Verein „Black in Medicine“ kennen gelernt habe.

Was ist das Ziel des Vereins „Black in Medicine“?

In meinem Studium stellte ich fest, dass ich nicht viele Schwarze getroffen hatte, die Medizin studierten, und ich kannte keine schwarzen Ärzt*innen, die in Praxen oder Krankenhäusern arbeiteten. Da ich vor allem im Krankenhaus viel Rassismus erlebt hatte, wollte ich mit Ärzt*innen sprechen, die wie ich aussahen und vielleicht die gleichen Erfahrungen gemacht hatten wie ich. Ich wollte wissen, wie sie diese Erfahrungen bewältigt haben und ob sie mir irgendwelche Strategien empfehlen können. Ganz am Anfang habe ich mit einer Facebook-Gruppe angefangen und dann haben wir diesen Verein gegründet, der heute mehrere Ziele verfolgt, vor allem die Unterstützung seiner Mitglieder, aber auch die Beratung und Begleitung des Nachwuchses, der Medizin studieren möchte. Wir haben nicht alle eine starke Familie im Hintergrund. Neben kritischem Blick auf den Lehrplan befassen wir uns auch mit Themen wie der Kolonialität der Medizin.

Welchen Rat können Sie einem jungen schwarzen Mädchen geben, das mit dem Studium beginnt oder den gleichen Beruf wie Sie ergreifen möchte?

Du schaffst das! Und zwar auf deine Art und Weise und in deinem Tempo! Es gibt diesen Stereotyp von Medizin und Mediziner*innen, dass Mensch besonders smart sein müsste um Medizin zu studieren. Das stimmt so nicht. Ich denke viele andere Ausbildungswege sind auch tough; einfach nur auf andere Weise. Wichtig ist es sich nicht stressen zu lassen und im Studium auch gut auf sich zu achten. Da gehört es evtl. auch mal dazu eine Pause zu machen, um Kraft zu schöpfen und auch den eigenen Körper zu spüren oder eben auch, um das Leben zu genießen. Ich habe u.a. deswegen im Studium eine Pause gemacht, ein anderes Mal, um eben auch andere Seiten in mir nähren zu können. Eine Zeit lang habe ich mich sehr auf Tanzen konzentriert; habe mal im Café gejobbt und meinen Gedanken freien Raum gegeben. Ich kenne auch viele Menschen, die erst auf dem zweiten Ausbildungsweg Medizin studieren. Es gibt die unterschiedlichsten Wege, genauso wie die unterschiedlichsten Berufsmöglichkeiten; lass dir also keine Norm aufquatschen, sondern trau dich ran und mach dein Ding!

Am Tag 5 unserer Kampagne in Berlin, stellen wir Ihnen Eli Huber-Faye vor: